Enttäuscht hörte Wulflyn das Schliessen der Tür. Manchmal war er wirklich
seltsam. Sie betrachtete das Ledergebundene Buch und stopfte es in die Tasche
ihrer Schürze. Die Mittagszeit war nun vorbei. Greta hat noch etwas aus
Jordheim gebraucht, und der Weg dauerte einige Minuten. Verträumt und im Kopf
die albionischen Wörter wiederholend, schritt sie wieder zum Wirtshaus. Erst
spät bemerkte sie den Burschen der neben ihr schweigend herlief.
"Was
willst du Thoralf ?" "Dich ein Stück begleiten." "Ich brauche keine
Begleitung." "Dann leiste ich dir ein wenig Gesellschaft." "Das will ich
auch nicht. Lass mich in Ruhe."
Thoralf blieb stehen als Wulflyn ihren
Gang beschleunigte. Seufzend sah er ihr nach. Er wandte sich um und setzte sich
in die Nähe des Dorfsteines in der Mitte des Dorfes, mit guten Blick auf das
Wirtshaus. Seine dunkelbraunen Locken strich er sich mit einer Hand entnervt aus
dem Gesicht.
"Greta, ich bin wieder da. Was brauchst du alles aus
Jordheim?" "Da bist du ja endlich. Hier.. nimm den Korb. Ich brauche jeweils
drei Pfund Gelbe Rüben, Erbsen, Erdäpfel und Bohnen. Vier Pfund Butter. Zwei
Brotlaibe und nimm noch eine Schweinskeule mit. Essen wirst du erst wenn du
zurückbist. Hier hast du fünf Silbermünzen. Lass dich nicht übers Ohr hauen,
hörst du ! Nun eile."
Widerwillig lies sich Wulflyn aus der Tür schieben.
Ihr Magen knurrte und nun musste sie soviel noch einkaufen. Seufzend trat sie
heraus und erblickte wieder Thoralf der sich erhob. Mit grinsen ging er auf sie
zu.
"Du musst nach Jordheim einkaufen, aye ? Ich werde dich beschützen
und komme mit." "Hast du nichts besseres zu tun Thoralf ? Lass mich doch
einfach in Ruhe. Ich hab Eure aller Spielchen langsam satt. Wenn du mich ärgern
willst mach es zu einen späteren Zeitpunkt."
mit wütenden Blick raffte
Wulflyn ihren Rock und machte sich auf den Weg zur Brücke. Den verdutzten
Thoralf lies sie stehen. Thoralf jedoch machte sich nach der Schimpftriade
auf, ihr zu folgen. Er beschleunigte seinen Schritt und war kurz darauf wieder
an ihrer Seite. Erneut versuchte er ein Gespräch anzufangen.
"Herrlicher
Tag um nach Jordheim auf den Markt zu gehen, nicht wahr ?" Ein Knurren
antwortete ihm nur. "Weisst du ich werde bald auch nach Jordheim in die
Ausbildung ziehen. Wie Arris damals. Er ist schon bald ein Jahr dort. Ich hörte
das er schon einige Erfolge erreicht hat. Demnächst soll er nach Vindsaul reisen
und dort den befehligenden Hauptmann unterstellt werden. Glaubst du das ich so
erfolgreich sein werde wie er ? Ich habe mich mittlerweile mit den Hammer
angefreundet. Nicht wie Arris dem Schwert, und ich glaube ich werde meinen
Namensgeber, Thor, bitten, das er mich aufnimmt. Ich würde doch einen guten
Donnerkrieger abgeben, sowas sagte jedenfalls dein Vater. Er hat mich ja die
letzten Monate auch unterrichtet." "Freut mich für dich" bekam er nur als
schnippische Antwort.
Schweigend überquerten sie die Brücke. Erneut
versuchte Thoralf ein Gespräch, mit hochrotem Kopf begann er.
"Ich finde
du bist ein sehr hübsches Mädchen. Ich mag dich wirklich. Ich will dich nicht
ärgern wie die anderen alle. Tonja hat den Verstand einer Maus die gerade von
einer Schlange gefressen wird. Du aber... "
Thoralf errötete noch mehr.
Es war bestimmt das erste Mal das er einen Mädchen versuchte ein Kompliment zu
machen. Wulflyns prüfender Blick heftete sich an ihn. Sie musste zugeben das
Thoralf nie Witze über sie gemacht hatte, oder über sie gespottet hatte. Aber er
hat auch nie versucht das zu stoppen. Vielleicht sollte sie trotzdem ein wenig
netter zu ihm sein.
"Danke. Ich glaube auch das du ein guter
Donnerkrieger sein wirst."
Thoralf war sichtlich erfreut. Ermutigt
erzählte er ihr, wie er letztes Mal alleine einen Wildling mit seinen Hammer
erschlug. Hier und da schmückte er ein wenig mehr aus um Wulflyn zu
beeindrucken, die gelegentlich eine Frage stellte oder bei einer lustigen Stelle
lachte. Mit der Begleitung verstrich die Zeit schneller und sie passierten die
Tore Jordheims. Grimmige Wächter prüften mit eisigen Blickm ob sie unerlaubte
Waffen mit sich trugen. Endlich betraten sie den Marktplatz. Marktschreier
priesen ihre Waren an. Gelegentlich an einigen Ecken sassen Bettler, die auf
Wachen achtend, hin und herschauten, jederzeit bereit zu verschwinden. Leute
drängten von allen Seiten her. In den Jahren ist die Bevölkerung Jordheim um
einiges angewachsen. Die Einwohner, überwiegend bestehend aus Nordmenschen und
Zwergen, gelegentlich auch Kobolde und Trolle, die sich vorbeidrängten, machten
es einen schwer zum gewünschten Ziel zu erlangen. Thoralf griff schützend um
Wulflyns Taillie und erntete einen missbilligenden Blick. Unbeirrt jedoch zog er
sie mit sich.
"Wo musst du zuerst hin?"
schrie er ihr zu. Der
Lärmpegel war hier um einiges höher, und lautes rufen war notwendig um sich hier
auf den Markt überhaupt verständigen zu können.
"Gemüsehändler" antworte
Wulflyn genauso laut.
Thoralf zog Wulflyn mit sich und machte mit seinen
kräftigen Schubsern Platz. Wulflyn war erleichtert ihn doch bei sich zu haben.
Schneller als erwartet waren sie beim Stand und in Ruhe konnte Wulflyn
einkaufen. Zu ihren Glück erhielt sie die gute Ware noch durch feilschen zu
einen guten Preis. Rasch erledigten sie auch die anderen Besorgungen. Und
Wulflyn war stolz noch über zwei Silber übrig zu haben.
"Ich wäre fertig.
Gibt es noch etwas was du besorgen möchtest, Thoralf ? Thoralf
?"
Irritiert sah sie sich um, der grosse Wikingerbursche war nirgendwo zu
sehen. Verärgert machte sich Wulflyn auf die Suche. Endlich entdeckte sie ihn am
Händlerstand eines Waffenmeisters. Thoralf sah sich verschiedene Hämmer und
Schilde an.
"Arris Vater kann bessere schmieden. Du solltest ihn
fragen." "Aye, verzeih. Ich war nur neugierig. Können wir los
?"
Nickend wandte sich Wulflyn um. Gefolgt von Thoralf trat sie den
Rückweg an. Der Rückweg entwickelte sich genauso entspannend wie der Hinweg.
Thoralf trug den schweren Korb und erzählte vielerlei Geschichten, die er von
alten Kriegern gehört hatte. Wulflyn gefielen besonders die Geschichten von
Aegirs Bucht. Es war genauso eine aufstrebende Stadt wie Jordheim.
"Irgendwann werde ich dort auch sein!" sagte sie verträumt. "Wulflyn,
meinst du, das du jemals verreisen wirst?" zweifelnd runzelte er die
Stirn. "Aye, warum nicht ?" "Nun, wenn es bei dir in Zukunft auch so
laufen wird wie..." "Wie was ? Willst du andeuten ich werde für immer in
Vasudheim bleiben und arbeiten ? Pah, niemals." "Du.. wenn du vielleicht
jemanden findest der dich heiratet. Vielleicht reist er mit dir fort." "Ich
werde mir gewiss nicht hier einen Tölpel von einen Mann suchen !" erklärte
Wulflyn lachend. "Ist dir keiner gut genug ?" Thoralf blieb stehen. Seine
Stimme hat er nur gering kälter klingen lassen. "Viel Auswahl gibt es nicht.
Das musst du zugeben." "Anscheinend haben alle Recht, du bist ein
eingebildetes Weibsbild. Hier trag es selber."
Thoralf drückte wütend
den schweren Korb in iher Arme und machte sich eilig davon. Irritiert starrte
Wulflyn ihm nach. Was war den mit ihm? Hat sie wieder etwas falsches gesagt ?
Seufzend ging sie weiter. Männer waren ein Rätsel. Aus unerfindlichen Gründen
reagierten sie von einen Moment auf den anderen in Wut. Sie machte sich nicht
die Mühe ihm hinterherzurufen, es wäre ohnehin sinnlos gewesen. Wulflyn begann
ein Lied zu summen. Ihr Schritt beschleunigte sich etwas. Es war ein seltsames
Talent was sie erst vor kurzem herausgefunden hatte, ohne zu ermüden konnte sie
schneller laufen. Soweit sie wusste war es ein Talent was meistens Skalden
besassen. Wieder begann sie ein wenig zu Träumen. sie stellte sich die Bucht
Aegir vor, und wie sie irgendwann dort sein würde.
"Greta.. hier sind die
Waren. Ich habe sogar über 2 Silber noch zurückgebracht." "Oh fein, stell das
auf den Tisch ab. Und dann kannst du anfangen die Töpfe zu schrubben. Deine
Mutter hat schon nach dir gefragt. Was hast du wieder ausgefressen ? Sie war
wütend. Gib ihr nachher das Geld" "Ich habe gar nichts ausgefressen. Warum
bekomme ich immer für alles die Schuld ? "Das frage ich mich auch Kind. Nun
schrubb die Töpfe weiter. Oh, ehe ich vergass. Thoralf hat deinen Vater gesucht.
Er schien auch zornig und ziemlich zielstrebend. Was ist da geschehen?" "Ich
weiss es nicht. Ich fange lieber zu schrubben an. Ehe noch ein weiteres Gewitter
auf mich fällt."
Seufzend holte Wulflyn den Holzeimer der vor der Tür
stand. Aus den Brunnen schöpfte sie frisches Wasser. Es schien wieder ein
anstrengender Abend zu werden. Freudlos machte sie sich ans Werk.
|
|
|
|
|