Nachdenklich saß Arris auf seinem Stuhl. Er entsann sich zurück und sah die
junge Nordfrau vor sich die ihm damals einen bösen Streich gespielt hatte. Es
war nun bald über ein einhalb Jahre her, seitdem er sie das letzte Mal gesehen
hatte. Sie hatte nun wohl einen Gatten, und nicht irgendwen sondern auch den
Sohn von einem der tapfersten Krieger Midgards, und ging Bragis Ruf nach.
Wirklich seltsam diese Entwicklungen. Er ging vor die Tür und brüllte nach einem
Botenjungen. Erneut knallte die Tür. Arris setzte sich auf seinen Stuhl und
leerte mit einem Zug seinen Kelch. Er hatte sich entschlossen einen Botenjungen
zu Helen und Guthilf Svandrick zu senden und über den Verbleib ihrer Tochter zu
berichten.
„Eric...“ jammerte Wulflyn, „Eric...das wird nich gut
gehen!“ „Warum sollte es nicht gut gehen?“ „Einige kennen uns länger, sie
werden sich wundern, und keiner nimmt uns ab das wir...“ „Bei den Göttern,
soll ich dich den schwängern damit es glaubwürdiger ist das wir ein Lager
teilen? Stell dich nicht so an, es wird keiner daran zweifeln, dafür sorg ich.
Du musst nur mitspielen.“ „Wie kannst du in dieser Situation Scherze machen?“
verzweifelt setzte sie sich auf das Bett. Erstaunlicherweise war die Kammer
recht gross und hatte genug Platz für beide. Die Nordfrau sah sich etwas um und
war relativ zufrieden.
„Ich scherze nicht. Wenn es sein muss werde ich
dich vor der gesamten Mannschaft nehmen damit es glaubhaft genug ist.“ „Deine
Scherze sind nicht das mindeste komisch, Eric.“ „Deine Jammereien rauben mir
langsam den letzten Nerv. Nicht ich habe eine Notlüge mit Ehe herausgebracht
sondern du. Nachdem ich noch darauf eingegangen bin gibt es kein Zurück.
Wulflyn, es wird gut gehen glaub mir.“ „Ich weiß ni...“ „Hör nun endlich
auf und hilf mir die Schnallen festzuziehen.“ bat Eric entnervt. Grummelnd
stand Wulflyn auf und trat zu ihm. Sie zog mit Absicht besonders fest an den
Gurten die das Kettenhemd zusammenhielten. Jeder Ruck lies Eric die Luft
anhalten und japsen. Mit Wohlwollen stellte sie fest das er versuchte sie
wegzudrängen. Honigsüss und mit einen möglichst unschuldigen Blick sah sie zu
ihm hoch.
„Ich war doch nicht etwa zu grob? Die Rüstung muss fest und gut
sitzen, nur dann bietet sie Schutz, weißt du mein Lieber?
Ausserdem...“ „Wulflyn...“ „Ausserdem kann man jetzt erst erkennen das du
recht zugenommen hast.....“ „Wulflyn...“ „...was nicht heissen soll das
dir das nicht steht aber... es schadet nur deiner Beweg... aaaaaah verflucht
Eric, was machst du!? Lass mich runter, sofort!“ quietschte sie empört
hervor.
Eric hatte die Nordfrau über die Schulter gehoben und ging die
paar Schritte zum Bett und liess sie unsanft darauf fallen. Breitbeinig und mit
verschränkten Armen sah er finster auf sie hinab. Wulflyn sah fasziniert auf die
Zornesfalte, die ihr bis dahin nie aufgefallen war. Darauf hindeutend lachte sie
auf.
„Du siehst aus, als würdest du morden wollen. Eric, dieser Ausdruck
steht dir nicht. Du siehst aus wie ein Wikinger der total gern böse
wäre.“
„Lach du nur, elendiges Frauenzimmer.“ schnaubte er und zerrte an
den viel zu engen Gurten seiner Rüstung. „Komm her ich helf dir.“ „Naye,
bleib mir besser vom Leib.“ schmollte er sichtlich und zog etwas den Bauch
ein.
Wulflyn betrachtete nachdenklich ihren Freund, stand wortlos auf und
ging auf ihn zu. Vorsichtig schob sie seine Hände weg und lockerte die Gurte.
Nahezu sanft überprüfte sie den Sitz der Rüstung, zupfte und zog und liess erst
ab als sie ihm seinen wollenen Umhang an den metallenen Ringen mit Schnüren
befestigt hatte.
„Ich denke, du kannst nun so heraus gehen.“ „Oh
vielen Dank. Darf ich meine liebe Frau bitten mich zu begleiten?“ spöttelte
er. Wulflyn konnte ihn nur böse anstarren und mit erhobenen Haupt an ihm
vorbeigehen. Sie legte ihren ganzen Stolz in ihre Körperhaltung, hoffend das er
sie nicht weiter mit triefenden Spott zur Weissglut brachte. Den intensiv
starrenden Blick Erics sah sie nicht. Auch bemerkte sie zu spät wie er sie mit
zwei grossen Schritten an der Tür abfing und in seine Arme riss und seine
braunen Augen in ihre Blauen blickten. „Gegen deinen Stolz müssen wir etwas
tun meine Hübsche.. jetzt gleich.“
Grob hielt Eric sie am Kinn fest und
drückte seine Lippen auf die ihren. Er ignorierte die empörte und abwehrende
Haltung und Ausbruchsversuche, blickte lediglich kurz auf um zu Lachen und dann
nochmals ihre Lippen zu schmecken. Nach kurzer Zeit die Wulflyn wie eine
Ewigkeit vorkam, löste er sich von ihr und brachte ihre Kleidung so gut es ging
in Ordnung. Er beachtete ihre Flüche und wegschlagenden Hände absichtlich nicht,
sondern sprach mit ruhiger sachlicher Stimme auf sie ein.
„Immerhin
siehst du so erhitzt aus, als hätten wir es wie getrieben meine Gute. Es hilft
dir deine Rolle besser zu wahren, und mir glücklich grinsend von meiner
Männlichkeit zu prahlen. Los, hol nun deine Waffe und wir gehen.“ „Du...
ich.. hasse dich!“ knurrte es ihm entgegen.
Jungenhaftes Grinsen
spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder als er ihr mit süsslicher Stimme seinen
Plan für den Abend erklärte. Er genoss es das sich die Augen Wulflyns vor
Schreck weiteten und zog sie etwas näher. Nah an ihrem Mund flüsterte er ihr
eine weitere Drohung zu ehe er die Kammer verlies. Wulflyn starrte ihm nach.
Es konnte wirklich nur ein furchtbarer Scherz gewesen sein als er sagte er wolle
sie heute Nacht nehmen damit ihre Schreie in der ganzen Burg zu hören waren. Es
musste ein Scherz sein. Wütend presste sie die Lippen aufeinander und schwor
sich, dass Eric diese unmöglichen Worte bereuen würde. Erbost ging sie zur Tür
und trat hinab um zu den anderen zu gelangen.
Als Wulflyn wieder den
festen und harten Boden unter ihren Füssen spürte, sah sie sich nochmals um. Die
Feste war wirklich riesig. Nie hätte sie sich träumen lassen irgendwann hier zu
stehen und bald schon für Midgard zu kämpfen. Das rege Treiben erfreute sie und
ihre Laune wuchs zunehmend. Sie schlenderte ein wenig herum und sah sich die
einzelnen Winkel der Burg genauer an. Lautes Gelächter weckte ihre Neugierde.
Eine Gruppe junger Nordmänner sassen einige Schritte von ihr entfernt an der
Mauer und würfelten. Es schien als ginge es um eine prächtige zweihändige Waffe.
Wulflyn ging näher heran und bewunderte das schön geschmiedete Schwert. Die
Klinge war lang und spitz zulaufend, aber seltsam gebogen, und doch von bester
Qualität. Ihre Neugierde erging auch den Männern nicht. Leise stossen sie sich
die Ellbogen in die Rippen um sich gegenseitig auf die Zuschauerin aufmerksam zu
machen. Vor allem ein Nordmann , sein dunkles längeres Haar in vielen
geflochtenen Zöpfen geflochten und eine schwere Lederrüstung tragend, fand es
amüsant. Gewitzt stand er auf und packte Wulflyn am Handgelenkt um sie in den
Kreis der Männer zu ziehen. Wütend riss sich Wulflyn los und wollte aus dem
Kreis heraustreten, doch rasch standen zwei weitere auf und versperrten ihr den
Weg.
„Wie es aussieht haben wir ein kleines Täubchen gefangen.“ Lachte
der dunkelhaarige Nordmann und zwang Wulflyn durch Druck seiner Hand den Kopf zu
heben. „Was meint ihr, wollen wir ein wenig ihre Gesellschaft geniessen
solange wir würfeln? Noch haben wir einige Spiele zu bestreiten.“ „Lasst mich
los Holzkopf. Was bildet ihr euch ein?“ zischte Wulflyn und schlug dem Nordmann
die Hand weg. „Holzkopf nennt sie mich...“ fing der Hüne an und brach in
Gelächter aus. „Mir scheint das Täubchen möchte hier ein wenig aufbrausen. He..
Rolf, wie gefällt dir das kleine Hühnchen?“ „Mir gefällt es. Scheint eine der
neuen Mägde zu sein. Und sie weiss nicht wen sie hier vor sich hat.“ Gröllte der
angesprochene Mann. „Ich... bin keine Magd du dämlicher Tölpel! Und ihr....
Lasst mich gefälligst los ihr Wollköpfe, sonst erhaltet ihr noch gewaltigen
Ärger.“ fing Wulflyn zu drohen an und zerrte an ihren Armen.“ Amüsiertes
Gelächter drang zu ihr durch. Hastig sah sich Wulflyn um, und hoffte einen
Ausweg zu finden, doch zu eng standen die Kerle beieinander. „Ich.. ich werde
Schreien dass die ganze Burg euch hier hört. Der Hauptmann wird das Verhalten
seiner Soldaten gewiss nicht billigen. LASST MICH ENDLICH LOS !“ fauchte Wulflyn
und wand sich weiter unter den erbarmungslosen Händen. Das erneute Lachen der
Soldaten liess ihren Widerstand leicht ermahnen. Sie blickt finster jeden
einzelnen an, vor allem den Hünen mit den vielen schwarzen Zöpfchen. Dieser
starrte sie grinsend von oben nach unten an, seine kräftigen Arme in die Hüften
gestämmt, stolz und furchtlos sein ganzes Erscheinungsbild. „Was du nicht
alles erzählst mein Mädchen. Lassen wir doch den Hauptmann kommen und er wird
dir befehlen dass du heute Nacht mein Lager teilst. Rolf, hol Arris, das Mädchen
hier braucht wohl eine Abkühlung. So stolz, wild und aber doch ganz
ansehnlich.“ „Der Teufel soll euch holen!“ keifte Wulflyn den Großen an und
trat ihm gegen das Schienbein. Im gleichen Moment schrie sie gepeinigt auf als
sie Stahl spürte. Tränen schossen ihr in die Augen und die Schamröte trieb ihr
ins Gesicht als die Männer laut auflachten und gröhlten. Wutentbrannt zerrte sie
erneut an ihren Arm und bekam ihren rechten Arm frei. Mit der möglichsten Wut
die ihr zur Verfügung stand schnellte sie ein Stück vor um den Hünen einen
Schlag ins Gesicht zu verfassen. Sie verfehlte ihr Ziel nicht und ein leichtes
Knacksen war zu hören ebenso wie ein fluchendes Brüllen. Zufrieden sah
Wulflyn wie Tränen ihm in die Augen schossen und Blut anfing aus der Nase zu
sickern. „Na... wer kann jetzt lachen Dummkopf? Rührt mich nie mehr an!“
schrie sie ihn nach den kurzem zufriedenstellenden Zusehen. „Du.. du elendes
Weib. Ich werde dir schon zeigen wie man sich hier gegenüber...... „ Die
Worte des Schwarzhaarigen gingen unter, als die Stimme Arris durch den Hof
brüllte – im Schlepptau Rolf.
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