„Sie ist recht wild Lars. Wo hast du die den her?“ „Knarr. Die ganze Zeit
lief es wunderbar, und vor Aegir wollte sie auf einmal.... AU, verdammtes
Miststück.“
Lars bückte sich um sein Schienbein zu untersuchen. Die
feste Stiefelspitze hatte ihn direkt dort getroffen. Humpelnd und fluchend
brachte er die Pferde weg. Das Lachen von Eric verfolgte ihm. Eric hielt
Wulflyn nach wie vor fest. Sie wagte nicht zu sprechen, aus Angst, das er ihre
Stimme erkennen würde. Sie begnügte sich damit, immer wieder zu versuchen seinen
Griff zu lockern, was ihr selten gelang und wenn nur mit einen auflachen
quittiert wurde. Unter ihrer Kapuze stellte sie fest das genug Leute sehen
konnten, wie alles vonstatten ging. Einige blieben stehen, einige gingen weiter
nach kurzem schauen. Röte überzog ihre Wangen und sie stand nun still. Noch
hatte er nicht entdeckt wen er da festhielt, stellte sie erleichtert fest und
schöpfte Hoffnung, von ihm ungesehen, in ihrem Zimmer sich
einzufinden.
„Wie heißt du den?“
Er erhielt bis auf ein
Kopfschütteln keine Antwort.
„Willst du nicht reden?“
Erneut
schüttelte Wulflyn den Kopf.
„Ich bin zu neugierig aber. Sag doch
was.“
Ein dumpfer Aufschlag erklang als der Stiefel erneut ein Schienbein
traf. Ächzend verkniff sich Eric das reiben und hielt die für ihn Unbekannte
weiter fest.
„Du bist gern eine wilde, ja, und tust anderen weh? Das
sollte man dir austreiben.“
Wieder schüttelte sie den Kopf.
„Nun
lass dich mal wenigstens ansehen. Vielleicht siehst du hübscher aus wie dein
Verhalten sich zeigt.“
Kurzerhand drehte er sie um. Wulflyn senkte rasch
den Kopf und lehnte ihn gegen seine Brust. Ihr flüstern klang heiser und
gedämpft.
„Bitte zwingt mich nicht euch anzusehen.“ „Weshalb nicht?“
fragte Eric erstaunt. „Es wäre nicht gut. Mein Anblick ist nicht leicht zu
ertragen. Bitte.“ „Nichts auf der Welt kann mich aus der Fassung bringen.
Habt keine Angst.“ „Es würde euch aus der Fassung bringen, bitte – quält mich
nicht damit.“ bat sie nun leise. „Nun gut. Versprecht ihr, nicht
davonzulaufen wenn ich euch loslasse?“ „Ich verspreche es.“ „Gut setzt
euch dort auf den Holzstamm. Lars kehrt sicher gleich zurück und hat eine
Unterkunft vorbereitet.“ „Gewiss.“ flüsterte die Frauenstimme neben
ihn. „Wollt ihr mir erzählen was ihr in Knarr gemacht habt? „Ich würde nur
gerne dasitzen und schweigen.“ krächzte sie mühsam hervor.
Der verstellte
Ton, zu dem sich Wulflyn zwang, tat ihren Stimmbändern weh. Sie hoffte das Eric
endlich von seinem Gefrage aufhören würde. Erleichtert atmete sie auf als er
sich neben sie setzte und seine Stiefelspitzen in den erdigen Boden
bohrte. Nach einigen Minuten, es erschienen ihr wie Stunden, kam Lars die
Treppen hinunter. Er winkte Wulflyn zu sich heran die aufstand und langsam auf
ihn zutrottete. Ungeduldig rief er ihr entgegen.
„Bei allen Göttern,
Wulflyn! Ich hab wirklich noch anderes vor.“ „Ja, ich komm schon.“ beeilte
sie sich ihn nervös zu beruhigen und beschleunigte ihren Schritt.
Vergebens.
Fest schlossen sich Erics Finger um ihren Oberarm und
wirbelten sie zurück. Sein ungläubiger Blick wandelte sich in einen wütenden als
er ihren als ihre Kapuze vom Kopf riss. Sie taumelte, als er sie zurückstieß und
wegging ohne sich umzublicken. Der junge Krieger Lars trat an ihre Seite und zog
sie mit sich. Wulflyn lies es schweigend geschehen.
„Du bist wieder bei
dem Wirt untergebracht, bei dem du schon einmal eine Kammer hattest.“ begann
er zu erklären. „Kann man hier keine Häuser mieten?“ „Doch gewiss. Aber es
ist nicht recht billig.“ „Ich habe Gold.“ „Woher den? Ich meinte, das Otis
mir erzählte, er habe dir Gold leihen müssen....“ „Er hat alles auf den
Kupfer zurückerhalten.“ Zischte Wulflyn und riss sich los. Es war nun vollkommen
egal wer sie sah und hörte. Die Person der sie aus dem Weg gehen wollte, hat ja
es schon mitbekommen.
„Wie kommst du den zu Geld?“ „Ich
verkaufe?“ „Was verkaufst du?“ hakte Lars nach. „Dinge...“
Lars
hielt sie fest und sah sie von oben nach unten an. Er hatte ein seltsames
Leuchten in seinen Augen. Rau flüsterte er ihr zu.
„Verkaufst du dich an
Männer?“ „Was?“ schnappte Wulflyn nach Luft. Sie stand da, gelähmt vor
Entsetzen. „Du brauchst dich nicht schämen. Anders könnte ich es mir nicht
erklären wie du Gold machen könntest. Du bist zu schwach um große Tiere zu
töten, zu unerfahren um an gefährlichen Orten, kostbare Gegenstände zu sammeln.
Naja, und arg hässlich bist du wirklich nicht. Was haltest du davon mit mir..
ich bin auch nicht gerade ..... AUA.. verfluchtes Weibsbild, was soll das ?“
schrie Lars wangereibend die Nordfrau an. „Für deine Frechheit. Ich bin
Alchemistin du Narr, stelle alles mögliche her um es zu verkaufen, und, bei den
Göttern, ich hatte genug Kundschaft das ich Otis geliehenes Gold hab zurückgeben
können. Und... solch einen stinkenden versoffenen und dämlichen Kerl wie du,
würde ich nicht einmal in die Nähe meines Lagers lassen. Gute Nacht!“
Mit stolz erhobenen Kopf und schnellem Schritt ging sie in Richtung
ihres alten Quartierts. Der Wirtstube war recht belebt von Midgardern. Einige
starrten neugierig zu ihr, und wandten sich kurze Zeit später wieder ihren
Methörnern zu. Wulflyn fragte nach ihrem Zimmer und ging müde hinauf. Das alles
war einfach nur anstrengend, und sie sehnte sich nach ihrem Bett. Erfreut
stellte sie fest das eine Schüssel mit sauberen Wasser hinaufgetragen worden
war, und das Lager mit sauberen Laken bekleidet. Sie spürte die Müdigkeit in
ihren Knochen, und machte sich daran zu entkleiden. Gähnend zog sie ein
Nachthemd aus ihrem bereits nach oben gebrachten Satteltaschen und zog es an ehe
sie in ihr Bett kroch. Die warme Decke zog sie bis zur Nasenspitze hoch und
schlief binnen Sekunden ein.
Spät nach Mitternacht torkelte eine Gestalt
die Treppen im Wirtshaus hoch. Eric hielt sich nur mühsam am Geländer fest.
Irgendwie erschien ihm die Treppe so seltsam schwankend. Fluchend zischte er dem
Holz das es endlich stillstehen sollte und setzte wieder einen Fuß vor dem
anderen. Oben angekommen lehnte er sich erschöpft gegen Wulflyns Zimmertür. Lars
hatte ihm erzählt das sie hier wieder untergerbacht war, als er sich zu ihm
gesellt hatte um Methörner zu leeren. Eric vermochte nicht die Hörner zu zählen
die er getrunken hatte, aber es mussten einige gewesen sein den vielen Türen
nach zu urteilen die vor seinen Augen tanzten. Er strich mit der Hand die Tür
entlang und fand endlich den Hebel. Mit einem Ruck schwang sie auf und er
polterte geräuschvoll hinein. Sein Fuß diente ihm dazu die Tür zu verschließen,
verursachte aber erhebliche Gleichgewichtsprobleme. Mit einen dumpfen Aufschlag
fiel er auf den Boden und schlief schnarchend ein.
Der Morgen graute
bereits als Eric erwachte. Er rappelte sich mit einen ächzen auf. Sein Schwanken
verriet das der Rausch noch nicht ganz abgeklungen war. Etwas orientierungslos
sah er sich um. Wo war er nur? Erst als er Wulflyn im Bett ausmachte fiel es ihm
wieder ein. Er trat näher und betrachtete die schlafende Gestalt. Sie war wieder
da, nicht tot wie er geglaubt hatte. Aber sie hatte ihn belogen. Sie war mit
fadenscheinigen Ausreden verschwunden und hat ihren Tod vorgetäuscht. Nein,
nicht vorgetäuscht, aber sie hatte sich nicht gerührt um den bösen Spuk ein Ende
zu machen, den er sich einzureden geglaubt hatte. Verbittert setzte er sich auf
den Bettrand und griff nach ihrer Schulter. Nun wollte er alles wissen. Roh
schüttelte er sie an der Schulter bis sie erwachte. Nur unter schweren Protest
öffneten sich die Augenlider. Blaue verschlafene blickten in braune glitzernde
Augen. Es herrschte Stille ehe Wulflyn zum Reden ansetzte, doch wurde sie gleich
unterbrochen.
„Was hast du dir dabei gedacht?“ klagte Eric sie
an. „Nichts.“ So kurz und simpel wie sie antwortete, geriet Eric in
Wut. „NICHTS? Ich hab geglaubt du seist tot.“ „Mir geht es gut. Siehst du
doch.“ „Und wie gut es dir geht. Bei den Göttern, sprich, was hast du dir
dabei gedacht?“ schrie er sie an. „Nichts, wie bereits gesagt.“
Ohne
mit der Wimper zu zucken sah sie ihn offen an. So kühl und gefasst sie wirkte,
war sie innerlich aufgewühlt. Doch sie verstand nicht warum er sich so aufregte,
vor allem, weil er sich nichts aus ihr gemacht hatte und nur als eine Pflicht
ansah. Sie versuchte seine Hand von ihrer Schulter zu schieben, doch Eric hielt
sie unbarmherzig fest.
„Wulflyn, geht es den in deinen Spatzenhirn nicht
rein, das ich mir Sorgen gemacht habe?“ „Was willst du Eric?“ „Was ich
will? Ich will das du dich entschuldigst für dein falsches Schauspiel, diese
grässliche Farce die du monatelang durchgezogen hast.“ Der Druck seiner Hand
verstärkte sich. „Lass mich los, du tust mir weh.“ „ANTWORTE!“ schrie er
sie erneut an, und lockerte doch seinen Griff. Er schwor sich das er erst dann
ihr Zimmer verlassen würde, wenn er alles wusste. „Ich möchte das du gehst
Eric.“ „Erst wenn ich alles weiß.“ „Warum? Dich kümmert es nicht was mit
mir ist.“ murmelte sie leise. „Wäre ich sonst hier?“ „Darauf hätte ich
eine Erklärung.“ „Wunderbar, dann erklär mir warum ich mich hier befinde.“
fauchte Eric und trat einige Schritte zurück um sie anzusehen.“ „Deine Lian
wirst du so jedenfalls nicht zurückbekommen. Aber sie ist nun tot! TOT durch
ihre Dummheit. Ich war dir nur solange gut genug bis deine Lian da war.“ „Du
hast keine Ahnung von ihr und was geschehen ist! Also bringe sie nicht als
Begründung.“ „Ach du hast keine Ahnung von mir. Ich bin nur deinetwegen
gegangen. Für dich exestierte ich nur als eine Verpflichtung, als Störung,
als... Kind!“ Wulflyn spie es nahezu hinaus. „Du bist auch ein Kind. Wie
trotzig von dir, einfach wegzulaufen.“ „Ich... ich bin nicht weggelaufen!
Meine Ausbildung habe ich lediglich an einem anderen Ort fortgesetzt wo ich dich
nicht sehen brauche.“ protestierte sie.
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