„Wie schön sie sind. Ich wollte schon lange so ein tiefes schwarz für meinen
Umhang und die restliche Kleidung.“ „Dann nimm, es war vor meiner Tür. Ist
sonst nichts dabei?“ „Hmm.. oh nur eine Stofffarbe, der Rest ist speziell für
Kette. Ich fürchte das ist wirklich nur für dich gemacht worden mein lieber
Eric. Hast du mir etwas von einer anderen verschwiegen?“ „Also mein
Nachtlager teile ich wirklich nur mit dir. Ich wüsste nicht, wenn noch. Aber
bestimmt sprechen sich meine Heldentaten schon herum.“ scherzte er und zog sich
den Rest seiner Bekleidung an. „Hier, für dich, ein Brief.“ neugierig hielt
Lian es hoch, und Eric schnappte es sich.
Er beachtete das Siegel nicht
und las schnell über die Zeilen. Schulterzuckend knüllte er es
zusammen.
„Das ist nur ein vorzeitiges Julfestgeschenk von Wulflyn an
mich.“
Lian verdrehte entnervt die Augen. Sie wollte schon zum reden
ansetzen, als ihr Eric zuvor kam.
„Sie ist für mehrere Tage nicht hier.
Hat einen Auftrag bekommen etwas zu überbringen. Wahrscheinlich ist sie schon
aufgebrochen, sonst hätte sie sich persönlich verabschiedet. Kein Grund das du
dich nun grämst... wie heißt es doch? Aus den Augen aus den
Sinn.“
Lachend ging er die Treppen hinab um etwas Nahrhaftes zu besorgen.
Lian blieb liegen und genoss ihren Erfolg. Sie ahnte das nach den gestrigen
Morgen wohl einiges anders geworden war als sie zunächst geglaubt hatte. Sie
spürte das es in Wirklichkeit keinen Auftrag gab, sondern das Wulflyn, ihr nun
von alleine aus dem Weg ging.
Bereits seit 4 Monaten war sie hier
in Knarr. Diese kleine Stadt war wunderschön. Sie hatte auch schon mehrere
Lieblingsplätze. Vor allem der Leuchtturm hatte es ihr angetan. Tag und Nacht
brannte das Feuer um ankommenden und vorbeifahrenden Schiffen den Weg zu weisen.
Sie stand oft an der Brüstung und starrte hinaus, solange bis der Mond am Himmel
schien. Die wenigen Möwen die über Winter dageblieben waren kreischte um die
Wette. Hier gab es auch sehr viele Boobries, sehr zu Wulflyns Freude, da sie
nicht auf ihr Boobrie-Ei am Morgen verzichten konnte. Ihre Ausbildung hatte sie
auch wieder aufgenommen und machte erhebliche Fortschritte. Da es hier nicht
allzu belebt war, gab es auch mehr direkten Unterricht vom Meister. Schon bald
erjagte Wulflyn problemlos Kleintier mit Hilfe ihrer Schreie, die sie so
reichlich übte. Verantwortungsvolle Aufgaben wurden ihr anvertraut die sie mit
Bravour meisterte. Auch im Kampf an der Waffe zeigte sie wieder ihr altes
Geschick. Sie führte ihre Klinge sicher und sorgfältig. Ihre Ausbilder waren
sehr zufrieden und wollten sie bald zurück nach Aegir schicken um dort ihre
Ausbildung fortzuführen. Wulflyn fürchtete sich davor zurück zu kehren, zumal
Otik sie auch schon mehrmals aufgefordert hatte zurückzukommen, sie sich aber
immer wieder davor gedrückt hatte. Sie war in den wenigen Monaten an Verstand,
Erfahrung, Wissen und Stärke gereift. Aber doch hatte sie Angst vor der
Vergangenheit.
Sie atmete aus und die Luft verdampfte sogleich in der
Kühle. Nur langsam schmolz der Schnee und der Frühling wollte auch einfach nicht
kommen. Noch immer war es kalt. Sie zog ihren Mantel fester um sich an diesem
kühlen Märzmorgen. In ihrem kleinen Häuschen welches sie sich gemietet hatte,
wollte sie sich aufwärmen. Vorsichtig stieg sie die Holztreppe hinab und ging
Richtung Stadtrand. Sie grüßte die Wachen, die ihr nun bekannt waren, mit einem
Lächeln. In der Stadtmitte stand eine Statue. Niemand wusste was sie bedeuten
sollte, doch wurde sie von jedem geschätzt. Es hieß, die Ureinwohner haben sie
für die Götter in einer Zeit weit, weit vor der jetzigen Zivilisation errichtet
um sie milde zu stimmen. Es ging auch eine Aura von diesem Stein aus, die nicht
einmal die weisesten sich erklären konnten. Ihr Blick schweifte zum Eingangstor
der Stadt wo ein kleiner Holzturm stand und die Wachen mit einem Reiter
sprachen. Wulflyn strengte sich an und versuchte zu erkennen wer es war, doch
gelang es ihr nicht. Seufzend drehte sie sich um und öffnete die Tür ihrer
kleinen Hütte. Sie war sehr klein, ein Bett, Stuhl, Tisch und eine Feuerstelle
mit Kessel sowie zwei Schränkchen standen drinnen. Ein weiches Bärenfell, darauf
war Wulflyn sehr stolz, da sie es selber erjagt hatte, wärmte den Boden, und
mehrere Felle das Bett. An der Wand hingen ihre Waffen und einige Kräuter. Sie
war hungrig. In dem kleinen Kessel über den Feuer roch es nach einer
Gewürzsuppe. Ihr Umhang landete auf dem Bett. Sie war bereits dran sich ein
Holzteller zu holen als es an der Tür klopfte. Es war seltsam. Nur ganz selten
klopfte jemand an die Tür. Wer mochte das sein? Sie stellte den Teller wieder
auf den Tisch und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Das Gesicht einer Trollwache
von Knarr kam zum Vorschein. Erleichtert öffnete sie die Tür weiter und hinter
ihm sah sie einen Nordmann stehen. Missmutig erkannte sie Lars. Es schien
jedoch, das er nicht mehr wusste wer sie war. Die Trollwache ging fort als sie
erkannte das es ein bekannter der Nordfrau war. Lars begann zu
sprechen.
„Was gibt es?“ fragte sie freundlich. „Seid ihr die Nordfrau
W. Svandrick?“ „Ja, die bin ich. Weshalb fragt ihr?“ „Ich habe Nachricht
vom Skaldenausbilder Otik. Ihr sollt zurückkehren nach Aegir. Er sagt das ihr
genug Zeit in Knarr verbracht habt, und auch hier die Meister finden das ihr
bereits genug von ihnen gelernt habt.“ „Selbst wenn ich mich hier
wohlfühle?“ „Wenn ihr euch weigert, soll ich euch knebeln und schnüren, und
bei den Göttern, das würde ich ungern tun.“ „Ist gut. Wann muss ich mich
spätestens in Aegir einfinden?“ „Ihr sollt sofort mit mir aufbrechen sobald
ihr das nötigste gepackt habt. Ein Pferd ist vorhanden für die
Rückkehr.“ „Nun gut, mir bleibt nichts anderes übrig als meinem Ausbilder zu
folgen. Kommt herein und setzt euch ans Feuer. Ihr seid sicher hungrig. Wenn ihr
wollt, könnt ihr mit mir essen. Allerdings gibt es nur Gewürzsuppe und
Brot.“ „Aye, ich bin ausgehungert. Danke für das Angebot.“
Wulflyn
lies den Gast, wenn auch ungern zwecks der Lage, eintreten. Der Nordmann machte
es sich auf dem Stuhl nahe des Feuers bequem. Er betrachtete in aller Ruhe das
kleine Häuschen und zuletzt blieb sein Blick an der Gastgeberin hängen. Erstaunt
überlegte er warum ihm diese Maid so bekannt vorkam. Er räusperte sich und
fragte.
„Ihr kommt mir bekannt vor. Kennen wir uns?“ „Nur
flüchtig.“ „Woher den?“ „Ein gemeinsamer Auftrag in einer größeren
Gruppe.“ „Ist dies schon sehr viel länger her?“ „Vielleicht 6 Monate.
Hier, die Suppe, ich hoffe die schmeckt euch.“ „Danke.“
Der Nordmann
aß begierig die Suppe. Sie schmeckte vorzüglich. Hungrig blickte er zu dem
Kessel über dem Feuer. Wulflyn entging der Blick nicht. Lächelnd brachte sie ihm
ein erneut gut gefüllten Teller. Sie selber nahm sich nun auch etwas und aß
schweigend. Nach dem Mahl verwickelte der Nordmann sie erneut in ein Gespräch.
Unangenehm an den Vorfall erinnert, antwortete Wulflyn nur knapp.
„Was
für ein Auftrag war den das?“ „Wie?“ „Nun, den wir gemeinsam ausführten.
Welcher Auftrag, und wo war es? Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr
erinnern.“ „Vielleicht ist dies gut so.“ lenkte Wulflyn ab und stand auf um
das Geschirr wegzuräumen. „Verratet es mir bitte. Es ist doch sicher keine
Schande dabei.“ „Ich erinnere mich nur ungern daran.“ „War ich ein
grässlicher Mitstreiter?“ scherzte Lars und sah sie an. Was für blaue
Augen! „Aye.“ „Wie?“ Verwirrtheit trat in sein Mienenspiel. „Ihr wart
ein grässlicher Mitstreiter.“ „WAS?“ empört erhob er sich nun. ER, Lars, war
ein grässlicher Krieger Midgards? Das hat noch keiner gewagt zu
sagen. „Versteht mich nicht falsch. Von eurem Kampfstil bekam ich nicht viel
mit, ihr wart nur von vornherein sehr abweisend und kühl zu mir. Wir haben kaum
miteinander gesprochen. Und dann legten sich leider die Schatten eines Mammuts
über mein Haupt.“ Das letzte sagte Wulflyn nur leise. Dieses Unglück rief sie
sich nur ungern wieder ins Gedächnis. „Ach, nun. Ihr seid die Kleine die in
Dyrfjell damals fast zu Tode kam weil....“ „Ich weiß schon warum. Ihr braucht
mich nicht daran zu erinnern!“ unterbrach sie ihn fauchend und wandte ihm den
Rücken. Sie holte ihre Satteltasche hervor und begann emsig zu packen. Bedauernd
stellte sie fest das nicht alles Platz hatte. Unschlüssig sah sie auf einen
Tragebeutel und beschloss den auch mitzunehmen. Ihre Kleidung fand da Platz
sowie die wichtigen Kräuter und Tinkturen ihrer Alchemie. Bücher, Decken und
andere kleine Gegenstände kamen ebenso unter. Lars folgte dem nur ungläubig. Was
Frauen nur alles einpacken wollten. Zweifelnd, ob sie das alles mitnehmen
sollte, erhob er seine Stimme.
„Soll das alles mit?“ „Soll ich es hier
zurücklassen? Ich besitze nicht sehr viel, aber das was ich besitze, würd ich
gern bei mir haben. Ich glaube nicht, das ich wieder hier her
zurückkehre.“ „Recht habt ihr. Doch auf ein Pferd wird das nicht alles
passen. Wir werden noch ein drittes brauchen, oder einen Wagen.“ „Ja ein
Wagen wäre toll.“ „Nachdem aber Otik euch schnellstens sehen will, werden wir
ein Lasttier mitnehmen.“ „Wie ihr wollt. Ihr könnt euch gleich darum
kümmern.“ „Ja, ich gehe und besorge ein weiteres Tier. Wulflyn, ich glaub so
heißt ihr, grollt mir nicht wegen damals. Dafür kann ich auch nichts. Es ist
aber gut zu wissen, das ihr wohlauf seid.“
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