Eric inspizierte noch einige Waffen bei den Händlerzelten, die Nahe der Brücke,
und in südöstlicher Richtung Audlitens lagen. Enttäuscht über die schlechte
Auswahl, schüttelte er den Kopf. Diese Waffen waren nicht gerade die Qualität
die er sich erhofft hatte. Unruhig tänzelte sein Hengst als Wulflyn auf ihrer
Stute herantrabte. Sie machte einen leicht lädierten Eindruck auf dem
Pferderücken. Anscheinend war sie es nicht gewohnt da oben zu sitzen. Das würde
noch eine lange Reise werden. Eric hoffte das sein Entschluss, sie doch zu
begleiten, nicht falsch war. Was ihn dazu getrieben hatte, konnte er sich nicht
beantworten. Aber er wollte es auch nicht zurücknehmen.
„Wurde auch Zeit.
Nun sitz aber nicht wie ein Mehlsack da oben, halt den Rücken gerade und Hacken
runter. Du reitest auf einem Pferd nicht auf einem Esel.“ zog er sie
auf.
Grimmig korrigierte Wulflyn ihre Haltung und tätschelte ihrem Tier
den Hals. Sie wollte sich nach all den Freundlichkeiten seiner Verwandten, nicht
unverschämt zeigen.
„Tut mir leid das ich dich vorhin angegriffen
habe.“
Die Entschuldigung fiel ihr nicht leicht. Schon gar nicht, wen sie
an die Situation dachte. Röte überzog ihre Wangen und sie senkte, mit den Händen
an den Zügel spielend, den Kopf. Die Zweifel ob wirklich nichts geschehen
ist, waren noch vorhanden. Zögernd sah ihn sie an, bevor sie
fortfuhr.
„Ist.. wirklich nichts geschehen wo ich schlief? Ich meine..
du.. warst... nackt. Glaube nicht das ich noch nie einen nackten Mann gesehen
habe aber.... „ sie schluckte. „Ich versichere dir, es ist nichts geschehen.
Wird es auch nie, weil du einfach nicht mein Geschmack bist. Viel zu aufbrausend
und, wie soll ich das ausdrücken, weibisch. Einfach schnell übelgelaunt. Nun
komm. Ich will heute noch vorankommen.“
Damit wendete er sein Pferd.
Wulflyn lies ihr Pferd hinterher schreiten. Eine geraume Zeit ritten sie weiter.
Die Hügel waren noch flach und der Weg gut bearbeitet worden, sodass ein rasches
Vorankommen möglich war. Zur linken erstreckte sich der riesige See die in
verschiedenen Windungen seine Grenzen bekundete. Bei harten Wintern war er
teilweise gefroren, doch niemand wagte sich auf die gefrorenen Platten. Rechts
waren lange Wiesen, teilweise sehr bewaldet zu sehen. Sie erstreckten sich über
eine lange Ebene. Wulflyn staunte nicht schlecht über die Schönheit der Natur.
Sie war noch nie über Vasudheim hinausgekommen und so erstaunten sie die
verschiedenen Gebiete. Hier und da sah man Tiere, die beim Anblick der Reiter
ins Dickicht und Unterholz verschwanden. Gelegentlich zügelte sie ihre Stute,
die sie übrigens Silber, nach der silbergrauen Mähne her, benannt hatte, um sich
die Tiere genauer anzusehen. Smiergatto, Zwergmalmer, Sveawolfmütter mit Jungen,
erstaunten sie. Sie hatte selten so wundersame Geschöpfe gesehen. Hastig schloss
sie wieder an Erics Seite auf, wenn er einen verärgerten Ruf losließ. Grinsend
ritt sie nun neben ihn, strahlte ihn aus freudigen Augen an.
„Solche
Tiere hab ich nur in Büchern gesehen. Wenn man sie mit eigenen Augen betrachtet
ist es ein viel schönerer Anblick.“ schwärmte sie. Eric hörte nur mit halbem Ohr
zu. Sie waren nach den vielen Stunden nun in ein etwas gefährlicheres Gebiet
gekommen. Weiter vorne waren die Umrisse eines leichten Berges auszumachen. Und
wie Eric wusste war dort auch ein Tomte-Lager. Tomte waren kleine Wesen, mit
riesigen Nasen und großen Füssen. Trotz ihres merkwürdigen Aussehens waren sie
linkische Gegner, wenn man ihnen zu nahe kam. Fühlten sie sich bedroht, hatte
man schnell das ganze Lager auf den Hals.
„Wir lagern hier über Nacht.“
entschied er, und stieg ab. Die Dämmerung war bereits angebrochen. Die
dunkle Röte sank in einen riesigen Feuerball im Westen unter. Wulflyn machte
keinerlei Anstalten abzusteigen.
„Wir könnten doch noch weiterreiten. Es
ist noch genug zu sehen.“ „Naye, steig ab. Wir lagern hier. Weiter vorne ist
ein Tomte Dorf. Um die Zeit sind die Einwohner aktiv.... und nicht gerade
freundlich.“ „Nun gut. Du magst Recht haben.“
Wulflyn versuchte sich
geschmeidig aus dem Sattel zu schwingen. Doch als ihre Füße am Boden standen,
knickten ihre Beine ein. Plumpsend landete sie auf ihren Hosenboden und reibte
sich die Kehrseite. Grimmig quittierte sie Erics lachen mit einem funkelnden
Blick. Das er sich über sie lustig machte, war abzusehen. Mit knirschenden
Zähnen stand sie auf. Wie konnte sie nur so dumm sein, und vergessen das ihre
Beine schwach waren nach solch einen mehrstündigen ungewohnten Ritt? Ohne Eric
einen weiteren Blick zu würdigen schnallte sie die Satteltaschen ab. Sie würden
als Kissen für diese Nacht dienen, und ihr zerschlissener Umhang als Decke. Mit
Mühe hob sie den Sattel vom Pferderücken und band anschließend die Zügel des
Tieres an einen niedrigen Ast.
„Wollen wir ein Feuer machen um uns daran
zu wärmen?“ „Ja, hol einige Äste. Ich mache hier schon alles bereit.“
Nickend ging Wulflyn in Richtung Wäldchen und sammelte die ersten
armdicken Äste. Auch einiges Reisig nahm sie mit um das kleine Feuerchen zu
entfachen. Beim Sammeln ging sie immer weiter in das Wäldchen ohne zu bemerken
wie weit sie sich vom Lager entfernte. Irgendwann hatte sie ein Armvoll Holz bei
sich und wollte sich auf den Rückweg machen. Nur wohin? Zögernd schaute sie sich
um und ging Richtung Osten. Ohne das zu ahnen entfernte sie sich immer weiter
vom Lager. Nach etlichen Minuten war es stockfinster. Vorsichtig ging sie in
eine andere Richtung. Langsam stieg Angst hoch. Würde sie jetzt immer in diesen
dunklen Wald bleiben? Sie begann nach Eric zu rufen. Vielleicht hörte er sie ja?
Doch bis auf das Echo im Wald antwortet ihr keiner. Seufzend lies sie sich an
einen Baumstamm niedergleiten. Sie musste nachdenken. War es Norden wohin sie
musste? Im stillen verfluchte sie ihre Orientierung.
Zögernd rief Eric
nach Wulflyn. Wo mochte sie nun wieder sein? Er ahnte übles, als sie in den Wald
ging. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat sich das törichte Weib bestimmt
verlaufen. Es nützte nichts. Er musste sie suchen gehen. Er wollte sich nicht
vorstellen wie er am Morgen ihre angefressene Leiche fand, erschauerte aber bei
den Gedanken. Schnell machte er sich mit einen Stück Stoff und Ast eine Fackel.
Die würde ihm für eine Weile Licht spenden, was er auch benötigte um die Spuren
von ihr zu lesen. Seufzend machte er sich auf den Weg. Den Spuren zu folgen
war nicht schwer. Er dankte den Göttern für ihre Trampeligkeit, aber auch alles
umzuknicken was ihr im Weg war. Nur so konnte er sie finden.
Wulflyn
rollte eine dicke Träne über die Wange. Sie wollte hier nicht im Wald sterben.
Durch ihre eigene Unachtsamkeit würde dies aber geschehen, wenn Eric sie nicht
fand. Bitter machte sie sich Selbstvorwürfe. Würde er überhaupt kommen? Oder war
er nur froh sie los zu sein? Ein Krachen des Unterholzes lies sie aufschrecken.
Wulflyn hielt die Luft an als ein Smiergatto auf sie zutapste. Die leuchtenden
Augen auf sie gerichtet. Ein kurzes fauchen lies sie langsam aufstehen.
„Großartig... da wartet schon der erste der an dir knabbern will
Wulflyn.“ knurrte sie sich zu. Ihr Dolch würde hier nicht viel helfen. Aus dem
Holzstapel der zu ihren Füssen lag, zog sie einen langen dicken Ast heraus.
„Komm nur her du Unvieh. Ich werde es dir schon zeigen!“ dachte sie sich
und schwang prüfend den Ast. Der Smiergatto fauchte erneut und legte sich
sprungbereit zum Boden. Wulflyn ahnte, das wenn er einmal ansetzte, das ihr Ast
unbedingt das Ziel treffen musste. Endlich setzte der Smiergatto an. Mit
raschen Sprüngen hetzte er auf Wulflyn zu, die erschrocken die Augen kurz
schloss. Mit einen aufkrachen sauste ihr Ast auf den Schädel des Smiergattos.
Benommen fiel das Tier hin. Doch es lebte noch. Fauchend sammelte es sich wieder
auf. Wulflyn wich nur erschrocken zurück. Der Ast brachte nicht viel bei dem
Tier. Betend rief Wulflyn zu den Göttern, das sie ihr Hilfe schicken würden.
Unverhofft kam auch die Hilfe. Eric stürzte, mit der Fackel fuchtelnd, auf
das Tier zu. Erschreckt über das Feuer hetzte das Smiergatto zurück in die
Büsche. Erleichtert eilte Wulflyn auf ihn zu und umarmte ihn.
„Genau
richtig. Ich habe mich ... ausgeruht. Und dann kam das Vieh an.“ „Ausgeruht?
Bist du von Sinnen das ausgerechnet im Wald zu machen? Ich habe mir Sorgen
gemacht. Nun nimm das Holz und komm.“
Nickend sammelte Wulflyn das Holz
auf und folgte ihm. Sie war eigentlich gar nicht so weit weg vom Lager
fortgewesen. Sie vermutete einen großen Kreis gelaufen zu sein. Achselzuckend
vernahm sie weiter Erics Belehrungen.
„Richte dich doch nach den Sternen
wen du nicht weißt wohin. Das lernt doch jedes Kind im Dorf. Ich versteh
wirklich nicht wie du eine Ausbildung zum Krieger unseres Reiches antreten
willst, wenn du Grundlegendes nicht weißt.“ „Hast du dir wirklich Sorgen
gemacht?“ „Natürlich. Meinst du, ich würde mit ruhigen Gewissen weiterleben
können, wenn dir was passiert wäre? Schließlich habe ich dir meinen Schutz
angeboten.“ „Ich.. ich kann auf mich aufpassen. Und ich hab mich nicht
verlaufen. „Keineswegs. Nun komm. Ich will eine Runde
schlafen.“
Schweigend gingen sie weiter und erreichten kurz darauf das
Lager. Geschickt machte Eric in einer Mulde Feuer. Wulflyn verteilte ein
wenig des Proviants. Käse und gedörrtes Fleisch, und ein wenig Brot landeten in
den hungrigen Mägen der beiden. Müde legte sich Wulflyn hin, den Kopf auf die
Satteltaschen gebettet. Eric wollte die erste Wache übernehmen. Selig schlief
sie beim prasselnden Lagerfeuer ein. Mit einem Ast schürte Eric gelegentlich
das Feuer. Er selbst war erschöpft, und hatte nur sehr wenig Schlaf gehabt.
Interessiert sah er sich seine schlafende Begleiterin genauer an. Welche
Gefahren würde sie noch heraufbeschwören? Eric hatte das Gefühl das es eine sehr
anstrengende Reise werden würde. Lächelnd lehnte er sich an einen Baumstamm und
hielt Wache. Ohne Zweifel, interessant und schwierig war sie. Endlich eine
kleine Herausforderung |
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