"Wieder ein solcher verflucht regnerischer Tag!"
schimpft die dickliche
Wirtin Helen als sie mit ihrer frisch gemolkener Kuhmilch vom Stall zu ihrem
Wirtshaus trabte. Es war noch ein längerer Weg vor ihr. Sie hatte keinerlei
Lust, sich die so begehrte Milch vom Regen versäuern zu lassen und beschleunigte
ihren Schritt. Mehrere Male am Tag machte sich Helen auf den Weg zum Stall, um
die Milch abzuholen. Dazu überquerte sie die Brücke von Vasudheim nach Jordheim,
betrat díe rießige Feste, und lief den Hang hinter den Marktplatz hoch. Immer
wieder wurde sie dort durch bekannte Gesichter aufgehalten. Und immer wieder
blieb sie nickend stehen um ein paar Worte mit ihnen zu wechseln. Sie war in
Jordheim und Vasudheim bekannt. Ihr Wirtshaus war von vielen Reisenden ein gern
besuchter Ort. Und sie liebte ihre Arbeit dort.
Widerwillig zwinkerte
sie die Regentropfen aus ihren Augen, und passierte die Stadttore Jordheims nach
Vasudheim. Um die späte Stunde lief sie ungern durch die mit Wald gesäumte
Strasse. Jedoch wusste sie, das sie, sobald sie die Brücke erreichte, sicher
war. Ein aufheulender Wolf lies ihr Nackenhaar sich sträuben. Unruhig blickte
sie sich um. War da nicht etwas ? Ein Krachen des Holzes ?
"Helen
Svandrick ! Reiß dich zusammen. Hier gibt es nichts was dir Angst machen könnte
!"
murmelte sie sich zu, in der Einbildung daß das helfen würde. Doch
seltsamer Weise fühlte sie sich beobachtet. Sie spürte nahezu scharfe Blicke in
ihrem Rücken.. War da sicher nichts ? Unsicher stellte sie den Milcheimer ab
und deckte ihn notdürftig mit einen sauberen Leinentuch ab. Vorsichtig griff sie
an ihren Dolch der zur rechten Seite ihres langen Rockes hing.
"Ist da
wer ?"
rief Helen mit zittriger Stimme. Im Stillen verfluchte sie ihre
Angst. Mit huschenden Blick suchte sie die Wäldchen ab.... den Dolch bereit.
Es war nichts zu sehen. Es kam auch keine Antwort... Nur der prasselnde Regen
war zu hören und der Wind der die knorrigen Äste streichelte. Erleichtert
seufzte Helen auf und wandte sich wieder ihrem Milcheimer zu.
"Alles nur
Einbildung" murmelte sie sich zu und wandte sich schon zum gehen an, als ein
Gewimmer zu hören war. Erschrocken ließ sie beim umdrehen den Eimer fallen.
Da war doch etwas ! Wieder griff Helen zum Dolch und folgte vorsichtig dem immer
lauter werdenden Gewimmer. Öfters, wenn das Wimmern erstarb, heulte wieder ein
Wolf aus derselben Richtung... doch Helen ging tapfer weiter. Nach einiger
Zeit befand sich Helen ein wenig tiefer im Wäldchen. Das Wimmern war zu einen
Geschrei geworden.. dem Geschrei eines Babys.
Mit klopfenden Herzen
erreichte Helen eine kleine Lichtung. Nach genaueren Hinsehen lag dort jemand
mit einen Fellbündel. Wieder vorsichtig, und in alle Richtungen nach einem
Hinterhalt suchend, trat Helen näher
"Ha..Hallo ?" begann Helen
ängstlich
"Brauchen Sie Hilfe ?"
Ein schmerzerfülltes Stöhnen
unterbrach sie. Helen raffte ihre Röcke lief Helen näher. Die Angst war
vergessen. Es brauchte jemand Hilfe. Eilig kniete sie sich neben der Gestalt
nieder und drehte sie vorsichtig auf den Rücken. Eine junge wunderschöne Frau
sah sie aus erschöpften Augen an. Der Glanz ihres Honigfarbenen Haares war kaum
unter den vielen Schlamm und abgestorbenen Laub zu sehen. Dreck verzierte ihr
zartes Gesicht, und zerrissene Kleidung schützte kaum mehr ihren zerschunden
Körper. Überall war Blut.... Helen vermutete das die Frau viele Schmerzen
hatte und fragte immer wieder nach den Namen der verletzten Frau.
"So
sagt.. euer Name.. bitte.. was fehlt euch... " flehte sie und mit fahrenden
Händen versuchte Helen es der Frau ein wenig gemütlicher zu machen. Tröstend
nahm Helen die Hand der Verletzten in ihre. Das Zittern lies ein wenig nach,
doch die unsagbaren Qualen der jungen Frau, entlockten trotzdem ein erneutes
Stöhnen.
"Ev.. Evelyn.. bitte.. schützt mein Kin.. Kind.. erzieht.. es..
ich.. ich.. kann es .. nicht.. mehr.. tun.. bitte" hauchte sie. Ein letzter
Atemzug und das Leben entwich aus ihren Körper. Schlaff lag ihre Hand in der von
Helen, die geschockt die Verstorbene ansah...
"Evelyn...."
sachte
schüttelte sie die Frau. Vielleicht war es nur eine Ohnmacht... vielleicht kam
sie wieder zu sich... doch das Leben der Frau war erloschen.
"KIND"
schoss es Helen durch den Kopf. Ihr Blick heftete sich auf das Fellbündel.
Vorsichtig griff sie nach den Fell und schlug es auf. Ein Neugeborenes Mädchen
wimmerte. Helen starrte das Kind an...
"Es ist ein Zeichen der
Götter.... geht so der Wunsch eines eigenen Kindes in erfüllung indem ich dich
hier fand kleines Mädchen ?" flüsterte sie. Langsam erhob sich Helen wieder. Mit
Tränennassen Augen öffnete Helen ihren Umhang und deckte die Tote damit
zu. Das Baby wickelte sie wieder ins Fell... ein Wolfsfell wie sie
feststellte, und nahm es auf den Arm.
"Ich.. ich werde dich holen Evelyn.
Ihr verdient es nicht hier von den wilden Tieren gefressen zu werden.. " sprach
Helen zu der Toten und wandte sich dann mit raschen Schritten ihrem Zuhause
zu.
Wolfsgeheul begleitete sie auf ihren Weg durch das Wäldchen.
Erschöpft erreichte Helen den Waldrand und den Weg zur Brücke. Sanft drückte sie
ihr Bündel an sich. Eilig lief sie weiter ihrem Wirtshaus
entgegen. Erleichtert stellte sie fest das ihr Mann, Guthilf, am Brückenrand
auf sie wartete.
"Frau.. wo warst du so lange. Was ist das für ein Bündel
in deinen Arm ? So sprich !"
"Guthilf ! Eile in den östlichen Wald auf
die Lichtung. Dort liegt eine Frau.. sie.. sie ist tot.. eile und hole sie ! Ich
erzähle dir nachher alles... so beeil dich.. ich muss das Kind hereinbringen!"
befahl sie ihrem Mann und lies ihn verduzt stehen.
Helen selber war
nun voller Sorge um das ihr anvertraute Kind. Im stillen Murmeln entschloss sie
sich bereits für einen Namen für das kleine Mädchen.....
"In der Nacht
wo die Wölfe mich zu dir führten kleines Kind, und im andenken deiner
Mutter..... sollst du Wulflyn heissen. Ich werde dich auf ewig beschützen !"
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