Utgar stand nachdenklich auf der Anhöhe und blickte nach unten
ins Tal. Viele kleine Punkte liefen aufeinander zu und bildeten Knäuel.
Vereinzelter Lärm drang bis hier oben hoch. Ein etwas jüngerer Mann trat zu
ihm und fasste ihn am Arm. Langsam drehte Utgar sich um und sah seinem jungen
Bruder Butor in die Augen.
Beide Männer waren äusserst bemerkenswert.
Hochgewachsen und breitgebaut mit mächtigen Bärten die zu Zöpfen geflochten
waren und langem wallenden hellrötlichem Haupthaar, erinnerten sie sehr an
Nordmänner, obwohl ihre Rüstungen und Waffen unverkennbar keltischen Ursprungs
waren.
„Soll ich den Befehl geben?“ fragte Butor den Heerführer. Utgar
zögerte kurz und dachte daran wieviel sie bisher erreicht hatten und was alles
auf dem Spiel stand. „Ja, lass die Fianna vorrücken.“ Das war das Stichwort
auf das Butor gewartet hatte. Hiermit spielten sie ihre letzten Trumpfkarte in
der Schlacht aus.
Die beiden Brüder umklammerten ihre Handgelenke nach
dem alten Kriegergruss und sahen sich fest in die Augen. „Für Mutter und Vater.
Und für ein vereintes Königreich!" Utgar straffte sich und wandte sich von
seinem davoneilenden Bruder ab. Angespannt sah er wieder hinab ins Tal. Viele
Männer starben dort. Aber er hatte sich mit seiner Taktik durchgesetzt. Jetzt
ging es um alles. Sollten sie verlieren wäre Hibernia geschlagen. Ein Lurikeen
in bunter Robe trat zu ihm. Als Anführer der Mentalisten war es seine Aufgabe in
Utgars Generalstab zu dienen.
„Mein Heerführer“ sprach er den grossen
Mann respektvoll an. „Die Elfen werden unruhig. Wie ihr wisst verabscheuen sie
das töten. Aber auf Euren Befehl hin zaubern sie ihre Angriffssprüche. Ich kann
aber nicht garantieren wie lange sie das noch tun, bevor sie sich den Druiden
anschliessen die auf dem Schlachtfeld den Verletzten und Sterbenden helfen.“
Utgar musterte den Lurikeen eindringlich. „Lass sie zurückweichen, die
Fianna werden jetzt angreifen. Die Schlacht dürfte damit die entscheidende
Wendung nehmen.“ Man sah dem Lurikeen die Erleichterung an als er das hörte,
denn er war wie alle Mentalisten, egal ob Elf, Lurikeen oder Kelte, eher sehr
pazifistisch eingestellt.
Unten im Tal entbrannte die Schlacht zu einem
tödlich Reigen. Die Nordmänner, die mit ihren Schiffen bei Conla angelegt hatten
steigerten sich in einen wahren Blutrausch und die Elitekrieger der Elfen
konnten nicht mehr lange standhalten. Vereinzelt waren Schwertmeister in ihren
Reihen postiert, die als zentraler Angelpunkt in der Schlacht dienten.
Als nun eine Einheit Trolle die Elfenlinie durchbrach geriet die lange
Formation ins Wanken und kleinere Gruppen bildeten sich um sich einzuigeln.
Blitze und Feuersäulen zischten über das Schlachtfeld und hier und da
brachen Eldritche und auch Runenmeister geschwächt zusammen. Die Fusstruppen die
mitten in diesem magischen Chaos von Blitzen getroffen und von Feuer verbrannt
wurden gaben gequälte Schreie von sich. Die Abteilung Elitekrieger der Elfen,
die mittendrin stand, wurde fast völlig ausgelöscht. Überall sah man rauchende
Körper mit verkohlten Haaren und schwarzer Haut. Selbst die furchtlosen Trolle
gaben angstvolle röhrende Schreie von sich während sie sich weiterhin auf die
Reihen der Verteidiger warfen.
Nie zuvor in der Geschichte wurde den
Nordmännern derart die Stirn geboten. Meistens genügte allein ihr Ruf um jeden
Widerstand zu brechen. Aber nun hatten sich alle hibernischen Völker vereint um
dem blutrünstigen Terror der plündernden Nordmänner und Trolle ein Ende zu
setzen.
Zuerst hatten sich die Kelten mit den Lurikeen verbündet. Die
Firbolgs waren zwar skeptisch da sie eine Abneigung gegen die magischen Völker
hatten, schlossen sich aber an als Ardagh dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Selbst die Elfen, die im Grunde ihres Wesens friedliche Wesen waren aber zu
extremer Arroganz und Isoliertheit neigten, sahen keine andere Wahl als den
menschlichen Bewohnern Hibernias in ihrer ausweglosen Schlacht beizustehen.
Das Sterben nahm kein Ende. Die Elfen hatten eindeutig die grössten
Verluste zu beklagen, was eventuell die Unruhe ihrer Mentalisten erklärte. Die
Nordmänner bildeten einen Keil und stiessen zum Zentrum des Schlachtfeldes vor.
Eine grosse Wahl hatten sie auch nicht. Hinter ihnen war der Fluss, ihre Schiffe
standen in Brand, vom magischen Feuer der Eldritche entzündet. Vor ihnen standen
nur noch vereinzelte Kampfgruppen der Elfen - und im Zentrum der Schlacht -
stand das Magiergrossaufgebot das Hibernia aufbieten konnte. Berserker
hackten sich durch die Reichen durch, ohne Rücksicht auf ihre eigenen Wunden zu
nehmen. Nicht wenige brachen tödlich zusammen, aber selbst im Fallen schlugen
sie noch Elfenköpfe haben. Die Elfen, angesichts dieses furchtlosen
Barbarenrausches wie gelähmt, wichen immer mehr zum Mittelpunkt des Tales zurück
um die sichtlich erschöpften Magier zu verteidigen.
All das sah Utgar
von seinem erhöhten Aussichtspunkt. Und wieder einmal dachte er daran wie er es
geschafft hatte Hibernia zu einen, obwohl er augenscheinlich ein Mischling war.
Sohn eines Nordmannes und einer Keltin. Aber vielleicht gerade diese
Eigenschaften, unbändiger Lebenswille gepaart mit Stärke und ein tieferes
Verständnis für die Natur hatten ihn zu diesem Anführer gemacht der er nun war.
Auf sein Zeichen rückte unten im Tal eine Einheit vor die er bisher aus
dem Gefecht herausgehalten hatte. Bewaffnet mit Speeren, Schilden, Schwertern
und Kettenrüstungen lief nun seine disziplinierteste und bestausgebildete Truppe
aufs Schlachtfeld. Die Fianna... Eine neu aufgestellte Einheit die er
höchstpersönlich trainiert hatte. Hier dienten die besten Kämpfer die er hatte
finden können. Kelten, Firbolgs, ja sogar vereinzelt ein Lurikeen war zu sehen.
Nur die Elfen hatte er da herausgehalten da sie nicht auf ihre Magie verzichten
wollten.
Der Anblick dieser Truppe die in geschlossener Formation das
Schlachtfeld stürmte liess die vorderen Reihen der Nordmänner unsicher
innehalten. Unter den Elfen entbrannte ein Jubelschrei als sie die Standarten
der Fianna sahen. Ein Hirsch und ein gekreuzter Speer auf einem blutroten
Banner.
Die Schlacht wogte hin und her. Reihen fuhren in Reihen. Überall
sanken leblose Krieger zu Boden. Druiden und Heiler kümmerten sich um die
Verwundeten und leisteten den Sterbenden Beistand.
Und mitten im dem
Gemetzel stand Butor, an der Spitze der Fianna, und dachte daran das er und
Utgar ihren Schwur erfüllen müssten. Den letzten Wunsch ihrer Eltern. Ahtan und
Jadekatze....
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