DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Das Ende eines Geschlechts (Raubzüge III) „Fhynn.“
Erschreckt liess der junge Mönch den Federkiel fallen und sprang von seinem Stuhl auf. Dabei stiess er gegen den Tisch und das Tintenfässchen kippte um. Geistesgegenwärtig riss er hektisch einen Stapel alte Papiere hoch, damit die Tinte diesen wertvollen Text nicht beschädigen konnte.
Nun drehte er sich schuldbewusst und mit hochrotem Kopf zu der Stimme um, die ihn von hinten gerufen hatte. Er hatte Uriam gar nicht eintreten gehört.
Der alte Abt und Vorsteher dieses Klosters, lächelte als er den jugendlichen Ungestüm seines Schützlings sah. Dann betrübte sich seine Miene und mit leicht tadelnder Stimme sagte er: „Mein Sohn, ich wünschte du würdest mit demselben Elan am Morgengebet teilnehmen.“
Der junge Fhynn senkte schuldbewusst den Kopf und murmelte: „Vergib mir Vater, ich habe es heute vergessen.“
„Oh nicht nur heute, du fehltest schon die ganzen letzten Tage, und auch beim Essen warst du öfters abwesend. Ich hoffe dein Seelenheil leidet nicht darunter?“
Was eigentlich eine Feststellung sein sollte wurde von dem weisen Uriam als Frage formuliert. Er konnte sich schon denken, das dieser junge Mönch, der sonst für seine Genauigkeit und sein Pflichtbewusstsein bekannt war, nicht ohne guten Grund seine glaubensbedingten Pflichten vernachlässigen würde.
„Oh nein Vater, ich bin derzeit in einen Text vertieft, der sehr alt ist.“ Dabei wedelte Fhynn mit dem Stapel Papiere herum, die er noch rechtzeitig vor der verschütteten Tinte gerettet hatte.
Interessiert beugte sich Vater Uriam näher. „Die hast du aber nicht aus der Bibliothek oder?“
„Nein Vater, wie ihr wisst, sind meine Eltern und mein älterer und einziger Bruder vor einem halben Jahr an der Pest gestorben. Da mir weltlicher Besitz nicht erlaubt ist, habe ich den Hof und die Besitztümer verschenkt. Als einziges Andenken habe ich diese Papiere mitgenommen die ich oben auf dem Speicher hinter einer Kiste entdeckt habe.“
Uriams Hand streckte sich aus und nahm Fhynn nachdenklich die Papiere aus der Hand, die dieser ihm auffordernd hinhielt. Er betrachtete die vergilbten und brüchigen Seiten mit äusserster Vorsicht. Nachdenklich legte sich seine Stirn in Falten als er den Text besah. „Dies scheint eine alte Form des Keltischen zu sein.“ Fhynn nickte. „Soweit ich bisher herausfinden konnte scheint dies eine regionale Abwandlung der Gesamtsprache zu sein. Den Entstehungsort würde ich im nördlichen Irland schätzen.“ Dabei leuchteten seine blauen Augen und fahrig strich er sich eine Strähne des blonden Haares aus der Stirn.
Uriam liess sich von der Energie und der Begeisterung seines jüngeren Schützlings anstecken. Er packte Fhynn sanft am Oberarm und zog ihn zu dem Tisch, wo das Kerzenlicht eine genauere Studie der Papiere ermöglichen würde.
„Könnt ihr es lesen Vater?“
„Hmm.“ ... „Hmm.“ ... Uriam brummelte sich etwas in den weissen langen Bart bevor er wieder aufsah.
„Fhynn schau hier, gleich im ersten Satz. Dieses Wort hier ... Ahtan ..., ich habe es noch nie gehört.“ Langsam strich er sich über seinen Bart, das tat er immer wenn er über etwas grübelte. Fhynn, dankbar über das Interesse seines Mentors, teilte ihm mit was er bisher herausgefunden hatte. „Dieses Wort ... Ahtan ... scheint ein Eigenname zu sein. Ich habe es in keinem Wälzer über keltische Abhandlungen in unserer Bibliothek gefunden. Möglicherweise der Name einer Person, auch wenn ich den Zusammenhang noch nicht verstanden habe in dem er genannt wird.“
„Weißt du wie alt dieses Manuskript ist?“
„Ich schätze das es schon mehrere Jahrhunderte alt sein muss. Einige der Wörter sind so unverständlich, sie müssen zum Alt-Keltischen gehören.“


In dem Kloster zu Cornwall mehrten die Mönche das Wissen, und Uriam war ein weiser Vorsteher dem dieses Manuskript keine Ruhe liess. Er verbrachte mehrere schlaflose Nächte damit, darüber zu grübeln was es mit diesem Dokument auf sich hatte. Warum befand es sich im Besitz von Fhynns Familie? Wer oder was war dieser Ahtan? Und welches Wissen würde sich in diesem Dokument verbergen?
Als die Sonne aufging fasste der weise Uriam eine Entscheidung und rief Fhynn zu sich. Die Tür ging auf und vor ihm stand der junge Mönch, der ihn fragend ansah.

„Fhynn, ich möchte das du eine Reise unternimmst.“
„Wohin Vater?“ man merkte ihm das Unbehagen an bei dem Gedanken die Untersuchung des Manuskripts vorübergehend einstellen zu müssen.
„Du wirst nach Irland reisen.“
„Was soll ich da Vater?“
Jetzt lächelte Uriam „Na dort versuchen das Rätsel um diese Papiere zu entwirren.“
Fhynns Augen strahlten. Irgendwie hatte er das Gefühl als wenn diese Dokumente für ihn wichtig wären.
„Proviant und gute Wanderkleidung liegen für dich bereit. Heute verlässt ein Händler unsere Abtei, und er hat mir versprochen dich auf dem Weg bis zum Meer mitzunehmen. Für deinen weiteren Weg kann ich dir nur viel Glück wünschen.“

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Jahre vergingen und Fhynn folgte der Spur dieser Aufzeichnungen. In Irland traf er auf Gelehrte die Teile der alten Sprache übersetzen konnten. Er reiste vom nördlichen Irland ins Südliche, und wieder zurück. Nach und nach ergaben die übersetzten Bruchstücke einen Sinn und offenbarten dem weitgereisten Ordensbruder eine biografische Erzählung eines Wikingers namens Ahtan. Dieser Wikinger lernte eine keltische Druidin namens Jadekatze kennen und gemeinsam bestanden sie Abenteuer bevor sie sich zur Ruhe liessen und Kinder zeugten.
Gefangen von dieser Erzählung besuchte Fhynn die Schauplätze ihrer Abenteuer und Wanderungen, und fühlte sich mit dieser Geschichte verbunden.
Und nach und nach stiess er auf eine Legende die sich unter den traditionsverbundenen Iren verbreitete. Die Legende von einem grossen König. Man nannte sie „Der Herr zweier Welten“. Angetrieben von dieser mystischen Geschichte befragte Fhynn viele weise Leute und er kam zu dem Schluss das dies nicht nur eine Legende war, sondern anscheinend auf tatsächlichen Ereignissen beruhte. Natürlich durch die Zeit und viele Neider oder Bewunderer verfälscht. Er war sich sicher das die jetzige Geschichte nicht mehr viel mit der ursprünglichen gemein hatte, aber ein Name tauchte immer wieder auf. „Utgar der Eroberer“.

Was anscheinend tatsächlich Fakt war, war die Tatsache das die Vormachtstellung der Wikinger mit dieser Legende verschwand und eine Zeit des Friedens anbrach. Fortschritt machte sich in der Welt breit, und das Königreich England entstand, da die Bedrohung durch die angriffslustigen Nordmänner und Kelten schwand.

Im Laufe seiner Forschungen entdeckte Fhynn die alten Naturgötter und die blutrünstigen Götter der Nordmänner. Und obwohl die Anzeichen für ihre Existenz verschwunden waren, erkannte er das es sie doch einst gegeben haben musste.
Sein Glauben an Gott, den einzigen Gott, geriet allmählich ins Wanken.

Ahtan und die Legende Utgar schienen verwandt zu sein und Fhynn spürte in sich das Blut wallen, wann immer er an diese mythischen Gestalten dachte. Was machte die Aufzeichnung auf dem Dachboden, des von seinem Vater erbauten Hauses? Inzwischen kam er zu dem Schluss, dass sein Vater es selbst nicht wusste. Eventuell war es ein Familienerbstück dessen Bedeutung die Mitglieder seiner Familie schon seit Generationen vergessen hatten, und es deshalb achtlos in der Ecke lag?
Fhynn fühlte sich mit diesen beiden Gestalten ... nun ja ... irgendwie verbunden. Und die damaligen Religionen übten eine grosse Anziehungskraft auf ihn aus.

Nachdem er alles in Erfahrung gebracht hatte, was es zu wissen gab kehrte er ins Kloster zu Cornwall zurück. 15 Jahre waren seit seinem Aufbruch vergangen und er kehrte als veränderter Mann zurück. Wesentlich eindrucksvoller und von innerem Feuer durchdrungen, wirkte er etwas mächtiger als seine Brüder. Und zugleich war er ruhiger und von innerem Frieden durchdrungen.
Uriam erlebte die Rückkehr seines Schützlings leider nicht mehr, denn sein Alter forderte 3 Jahre vor Fhynns Rückkehr seinen Tribut.

Es dauerte nicht lange und unter Fhynns Führung wurde das Kloster zu Cornwall als ein Hort des Wissens und der Forschung bekannt. Dies war natürlich ein Dorn im Auge der neuaufgekommenen Inquisition, die das Christentum geißelte und jegliche Andersdenkende ausrottete. Als die Andersdenkenden ausgerottet waren, ging man dazu über Zweifler aus den eigenen Reihen als Hexer oder Hexen zu verbrennen. Und letztendlich beschuldigte man jeden der Hexerei, der die Macht der Herrschenden gefährdete. Denunzierung, Neid und Missgunst taten ihr übriges um das Feuer der Scheiterhaufen nicht erlöschen zu lassen.

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„Und hiermit wird Fhynn aus dem Kloster zu Cornwall der Ketzerei für schuldig befunden!“ Der bohrende Blick des obersten Inquisitors richtete sich auf den in Ketten vorgeführten, gefolterten Mann, der erbämlich hustete, aber immer noch erhobenen Hauptes dem Urteilsspruch entgegensah.
„Noch heute wird er auf dem Scheiterhaufen verbrannt, damit seine ketzerische Seele im reinigenden Feuer Erlösung findet!“
Fhynn, inzwischen ein Mann mittleren Alters, schluckte. Sein dreckiges blutverkrustetes Gesicht bewegte sich schmerzerfüllt.
„Hast du noch etwas zu sagen?“ Gelangweilt blickte ihm der Inquisitor entgegen, man merkte ihm an das er über diese Reglementierung, dem Verurteilten noch ein letztes Wort zuzugestehen, nicht erfreut war.
Die Lippen des verurteilten Abtes öffneten sich und mühsam stiess er die Worte hervor: „Ich bleibe bei meiner Behauptung das es vor Gott noch andere Götter gegeben hat.“
„Abführen!“ auf einen Wink des obersten Inquisitors und Richters ergriffen einige bis an die Zähne bewaffnete Soldaten den geschwächten Ordensbruder und schleiften ihn davon.

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Als das Feuer des Scheiterhaufens hochloderte und die darauf angebundene Gestalt in Brand setzte, leuchtete die Nacht gespenstisch wider von dem Schein der zerstörenden Flammen. Die arme Gestalt darauf schrie und als das Feuer schon einen Grossteil seines Körpers gefressen hatte, hörten die Umstehenden letzte flüsternde Worte: „Nun kehre ich heim zu meinen Ahnen...“

Gerüchten zufolge soll in diesem Moment eine Reihe von Sternen zu blinken angefangen haben. Und als das Flüstern erstarb schien der Nachthimmel wie vorher. Alle Anwesenden dachten sie hätten sich dies nur eingebildet. Aber eines kann ein aufmerksamer Beobachter am Nachthimmel seither sehen. Es gibt ein Sternzeichen, weit entfernt, das einem Luchs ähnelt. Dies blinkt immer dann wenn ein Mann mit einem Stab dort hinaufschaut...