Vater..."
"Utgar mein Sohn..." Ahtan hob mühsam den Kopf und schaute
seinem inzwischen erwachsenen Sohn in die Augen. Kraftlos liess er sein Haupt
sinken. Jadekatze die neben ihm auf dem Bett sass strich ihm sein graues Haar
zurück. Auch die geflochtenen Bartzöpfe waren ergraut und Narben bedeckten
den nackten Oberkörper des sterbenden Mannes. "Ich freue mich so das du noch
rechtzeitig gekommen bist." kraftlos flüsterte der alte Nordmann diese Worte.
Seine Hand streichelte Jadekatzes Hand, die immer noch mit Tränen in den Augen
neben ihrem Mann sass.
"Ich bin so schnell gekommen wie es mir möglich
war Vater." "Du bist ein Mann geworden." Ahtan lächelte stolz als sich sein
Blick wieder an die Decke der schäbigen Hütte richtete. Butor trat neben
seinen Bruder.
"Meine Söhne, bevor ich sterbe möchte ich meine Familie
noch einmal sehen. Nun seid ihr alle da und ich kann beruhigt sterben, in dem
Wissen das es euch gut geht." ein Hustenkrampf schüttelte seinen immer noch
muskulösen Oberkörper. Jadekatze legte ihren Arm um ihn und richtete ihn leicht
auf, so das er seine Familie in Ruhe betrachten konnte. Ein zufriedenes
Lächeln teilte sein wettergegerbtes abgeklärtes Gesicht. Seine Augen
wanderten zu seiner geliebten Frau und ein zärtlicher Ausdruck legte sich in
seine Züge. "Liebes, bitte erzähle ihnen unsere Geschichte. Auf das ich ewig
leben werde bis sich die Tore Walhallas für mich öffnen." Tränen traten nun in
seine Augen. "Ihr müsst wissen das ich Angst vorm Tode habe, denn ich
wendete mich einst von meinen Göttern ab - für eure Mutter." Ratlos schauten
sich Butor und Utgar in die Augen um noch verwirrter zu ihrer Mutter zu sehen.
Ahtan deutete den Blick richtig und er lächelte erneut. "Oh nein, nicht was ihr
denkt. Ich bereue meine Entscheidung keineswegs. Eure Mutter war es wert." Er
lächelte seine Frau an, die sein Lächeln unter Tränen erwiderte und dabei fest
seine Hand drückte.
"Ich verärgerte einst Skadi, und ich fürchte das
meine Seele nun nicht nach Walhalla kann da ich bei meinem Volk aufgrund meiner
Taten als Ausgestossener gelte." "Aber Vater, du bist doch ein ehrlicher und
tapferer Mann. Warum sollten die Götter dich abweisen?" Butor schaute entsetzt
drein. "Das wird euch eure Mutter später erklären, nun hört mir zu denn ich
fühle ich habe nicht mehr viel Zeit." ein erneutes Husten unterbrach ihn und
Blut verliess in einem kleinen Rinnsal seinen Mund. So krank sein Körper auch
war, aber die eisblauen Augen leuchteten hell wie eh und je, und begannen zu
funkeln wenn sie die rothaarige Druidin, seine Frau, neben ihm betrachteten.
"Ein Krieger wird nur dann zu Odins Tafel vorgelassen wenn sein Name mit
Achtung ausgesprochen wird. Ich habe mein Volk verraten und mein Name wird
deshalb nicht in Achtung ausgesprochen. Meine Seele wird ziellos in Schwärze
wandeln bis mein Name eines Tages reingewaschen ist." Utgar verstand die
Angst seines Vaters. Für einen Krieger war es eine Demütigung keinen Namen zu
haben. "Ich bitte euch meine Söhne.... bitte rettet meine Seele." Ahtans
Stimme wurde immer leiser und sein Oberkörper sank zurück, seine starke Hand
verkrampfte sich um Jadekatzes schlanke Hand, als wenn er sie selbst im Tode
nicht loslassen wolle. Ein Zucken ging durch die Hand.
Dann lag der
grosse Mann still da, seine Augen verloren ihren Glanz...
Jadekatze fing
laut an zu schluchzen und umarmte ihren toten Gatten. Butor und Utgar standen
auf und traten zu ihrer verzweifelten Mutter um sie in ihrer Not zu stützen.
Ihre Hände legten sich auf ihre schlanken Schultern um Trost zu spenden. "Ich
schwöre es Vater..." Utgars spröde Lippen teilten sich. Und Butor ergänzte "So
wahr wir hier stehen..." Beide Männer sahen zu ihrem toten Vater und führten
ihre Mutter dann zu dem nächsten Stuhl. Langsam und bedächtig liess sie sich
darauf niedersinken. Man sah ihr an wie ihr Blick in die Vergangenheit
zurückglitt, zu schöneren und aufregenderen Zeiten.
Dann sah sie ihre
Söhne an und kurz durchzuckte sie ein Schmerz als sie die Ähnlichkeit der beiden
zu ihrem Vater bemerkte, zu dem Zeitpunkt als sie ihn erstmals sah...
... ... Die andere Überlebende
der Gruppe lehnte zitternd an einem Baum und sah uns mit furchtgeweiteten Augen
ängstlich an. In ihren Armen hielt sie ein kleines Luchsbaby das sie ängstlich
an sich drückte. ... ...
Jadekatze blickte auf und
lächelte in Erinnerung an damals. "Euer Vater war einst ein Sklavenjäger. Ich
war eine junge Druidin und meine Gruppe war im Myrkwood-Wald unterwegs, als wir
überfallen wurden. Ich schloss mit meinem Leben ab, aber ich überlebte den
Kampf. Als mir bewusst wurde welches Schicksal mich nun erwarten würde,
erstarrte ich vor Schreck. Und dann sah ich ihn..." Jadekatzes Blick wanderte
liebevoll und gedankenverloren zu dem Totenbett "unsere Augen trafen sich, und
die Zeit schien stehen zu bleiben. Ihm muss es genauso ergangen sein." Ihr Blick
strahlte in Erinnerung an vergangene Zeiten und Utgar wurde bewusst das seine
Mutter als junges Mädchen eine wunderschöne Frau gewesen sein musste. Schön wie
Santonia, nur auf andere Art und Weise.
Als Jadekatze geendet hatte,
erhoben sich die beiden Brüder tief beeindruckt. "Ahtan sagte einst ein Mann
lebt ewig wenn man eine Geschichte über ihn erzählen kann. Nun, dies ist seine
Geschichte. Ich verstehe nicht viel von den nordischen Göttern, Ahtan sprach nie
darüber, aber ich vertraue seinem Urteil. Und deshalb habe ich grosse Angst das
seine Seele verwirrt und verängstigt draussen herumirrt." Jadekatzes Gesicht
verzog sich in Furcht. Sie sah bettelnd zu ihren Söhnen auf. "Bitte findet einen
Weg ihm zu helfen. Ich vermute das seine Ehre wiederhergestellt wird wenn der
Urheber seiner Verbannung bestraft wird. Und das ist vermutlich der
Räuberhäuptling der uns damals verfolgte. Ich glaube sein Name ist Talan."
Utgar nickte ernst und mit fester Stimme erweiterte er seinen Schwur.
"Dann..." und sein Bruder nickte beifällig "wird Talan sterben!"
...
...
Utgars Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück. Langsam
verliess er die Ebene auf der die Toten lagen. Sein Gang beschleunigte sich als
er den weiten Weg zu dem Hügel zurücklegte auf dem man diese gute Aussicht über
das Schlachtfeld hatte. Zurück zu seinen Befehlshabern um die nächsten Schritte
zu planen. Zurück zu seinen Männern ... und ... zu Santonia. Im Gedanken an
Santonia straffte sich seine durchtrainierte Gestalt. "Talan hält sich in
Jordheim auf." er unterbrach sich kurz und dachte ebenso kurz nach "und genau
dahin werden wir jetzt ziehen!"
--------------------- Zum ersten Mal
in der Geschichte mussten sich die wilden Nordmänner auf ihrem eigenen Grund und
Boden verteidigen. Dies war die Zeit als ihren Raubzügen ein Ende gesetzt wurde.
Dies war ebenfalls der Zeitpunkt als man in Midgard den Namen "Utgar" mit
Respekt aussprach. "Utgar, Ahtan’s Sohn". Und zu derselben Zeit hatte Utgar
öfters ein und denselben Traum. Er sah seinen Vater an Odins Tafel sitzen und
mit anderen Kriegern lachend und scherzend Geschichten austauschend. Und immer
dann wenn Ahtan ihn bemerkte wandte er ihm sein Gesicht zu und die eisblauen
Augen strahlten eine tiefe Dankbarkeit aus. Seine Lippen formten dann immer ein
Wort: „Danke.“ Und immer zu diesem Zeitpunkt wachte Utgar auf und fürchtete
sich nicht vor der folgenden Schlacht. Nicht solange sein Vater von oben herab
über ihn wachen würde. Später erfuhr er das seine Mutter denselben Traum
hatte. Aber die Worte die Ahtan am Schluss zu ihr formte, waren andere
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