DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Utgar der Eroberer (Raubzüge II) In dem Gemetzel vermischten sich die Fronten immer stärker. Leichen bedeckten das gesamte Schlachtfeld und die Kämpfenden stolperten fast über ihre eigenen toten Kameraden.
Freund und Feind waren von dem erhöhten Beobachtungspunkt kaum noch zu unterscheiden. Nur die Banner der Fianna ragten vereinzelt aus dem Schlachtfeld heraus. Trolle und Firbolgs waren fast gleich gross und blitzender Stahl spiegelte sich in der Sonne.
Und überall da wo die Fianna standen konnten die erschöpften Elfentruppen zurückweichen. Die taumelnden und überanstrengten Magier verliessen das Schlachtfeld, eskortiert von Santonias letzten Schülern.

Schreie der Sterbenden vermischten sich mit dem Klirren von Stahl und den heiseren Kriegsrufen der Kämpfenden. Mae’Vanni und ihre Druiden knieten bei den Sterbenden und flüsterten beruhigende Worte um ihnen die letzte Reise zu erleichtern. Hier und da konnten Verletzte geheilt werden.

Die Front verlagerte sich inzwischen in Richtung Fluss, auch die Fianna hatten einige Ausfälle zu beklagen. Aber kein klagendes Wort passierte ihre Lippen. Sie folgten einfach ihrem heldenhaften Anführer, genau so wie sie es in unzähligen Monaten des harten Drills geübt hatten. Butor stürzte sich jedesmal an der Spitze seiner Leute in das dichteste Getümmel um den bedrängten Elfen beizustehen, so dass sie sich zurückziehen konnten.

All das sah Utgar von seinem Aussichtspunkt und seine Miene verhärtete sich immer mehr als er an die Verluste dieser Schlacht dachte. An all die tapferen Kämpfer die ihr Leben für die Verteidigung der Küste gelassen hatten. Als eine kleine Hand ihm am Arm berührte schreckte er aus seiner angestrengten Beobachtung auf.
Als er sich umdrehte um den Grund der Störung in Augenschein zu nehmen sah er nur seine Generäle und Befehlshaber die sich ein paar Schritte hinter ihm berieten und Befehle über Läufer weitergaben.

„Was zum...“
„Hier unten!“ ertönte eine wispernde Stimme leicht verärgert.

Utgar richtete den Blick vor sich auf den Boden und erkannte Luffy in ihrem schwarzen Kapuzenumhang die ihn mit ihren grossen Augen von unten herauf ansah. „Wir haben einen wichtigen Fang gemacht.“ teilte sie ihm mit. „Meinen Brüdern und mir ist es gelungen den Befehlshaber der Nordmänner gefangen zu nehmen und hierher zu schaffen.“ Stolz schwellte sie ihre kleine Brust. „Ohne ihren Anführer hat die Moral der feindlichen Kriegsschar schwer gelitten. Seitdem wir den vernarbten Häuptling haben, sind sie ständig zurückgewichen statt weiter vor zu stürmen.“ Luffy schien bei ihren Worten vor Stolz fast zu platzen.

Unwillkürlich musste Utgar lächeln. Irgendwie mochte er die Kleine und es schien richtig gewesen zu sein sie zur Anführerin der Nachtschatten zu machen und ihr bezüglich ihrer Teilnahme an der Schlacht freie Hand zu lassen. Mit ihrer kleinen Truppe hatte sie sich hinter die feindlichen Linien geschlichen und den Barbarenhäuptling einfach vor den Augen seiner Leibwache entführt. Sie hatten sich dann abgesetzt und eilig den Rückweg ins eigene Lager angetreten.
„Ruh dich mit deinen Leuten aus, ich werde unseren Gefangenen verhören sobald ich dazu Zeit habe.“ Luffy nickte knapp und verschwand genauso unauffällig wie sie gekommen war.
Auf einen Wink Utgars übernahm seine Leibwache den stolzen Barbaren und brachte ihn ausser Sichtweite.

Als nun die ersten Verwundeten eintrafen hielt er Ausschau nach einer ganz bestimmten Person. Suchend wanderten seine Augen über die Gesichter der Heimkehrenden. Die schmerzverzerrten Gesichter glätteten sich als sie die Augen ihres Anführers auf sich ruhen fühlten und die gebeugten Körper strafften sich. Nun wurde Utgar nervös und er bahnte sich den Weg durch seine Leute. Hektisch überflogen seine Augen die Menge und er schob Krieger beiseite und eilte von einem zum anderen. „Wo ist sie? Hat sie jemand gesehen?“ Einige schüttelten den Kopf, andere zuckten die Schultern um ihrem Anführer zu verstehen zu geben das sie es nicht wussten.
„Santonia“ nun brüllte Utgar. Er begann sich schwere Vorwürfe zu machen das er ihr erlaubt hatte ihre Schüler in der Schlacht anzuführen. Aber sie hatte ihn darum gebeten und er wollte ihr den Wunsch nicht abschlagen. Ihn durchzuckte der Gedanke was er tun würde, wenn sie gefallen wäre. Er wusste es nicht...

Endlich tauchte sie zwischen den anderen Elfen auf. Sie war schwer mitgenommen und taumelte, da sie kaum noch stehen konnte. Ihre Rüstung war verbeult und an ihrem rechten Arm lief Blut hinab. Kratzer im Gesicht und eine aufgeschlagene Stirn liessen sie sehr verwundet aussehen, aber ihre innere Würde und die Sorge um ihre Männer vermittelten dem Betrachter immer noch ein Gefühl der Stärke.

„Utgar“ keuchte sie, „es war die Hölle. Wir waren genau mitten drin als das Blitzgewitter losging. Überall lebende Fackeln, und dann der Ansturm der riesigen Trolle. Ich hab die meisten meiner Schüler und Ausbilder verloren...“ Tränen traten in ihre Augen.
„Shhhh“ er kümmerte sich nicht um die Blicke seiner Männer sondern nahm sie fest in den Arm und drückte sie an sich. „Ohne euch hätten wir dem Ansturm nie so lange standgehalten.“ flüsterte er in ihr Ohr als sie den Kopf erschöpft senkte.
Ihr Körper verkrampfte sich als sie anfing zu schluchzen. Utgar konnte das gut nachempfinden, denn seine Männer in eine Schlacht zu führen und die meisten davon zu verlieren traf einen mit vehementer Wucht ins Herz.
Sanft schob er seine Hand unter ihr schlankes Kinn damit sie ihm in die Augen sah. „Ihr habt euer Bestes gegeben das weiss ich. Und nichts anderes hätte ich von euch erwartet.“ Ruhig nickte sie als sie sich wieder sammelte.
„Nun kümmer dich um deine Leute, geht zu den Druiden und lasst eure Wunden versorgen. Ich sehe dann nachher nach euch - und nach dir.“ flüsterte er ihr zum Abschied zu während er sie losliess.
Mit neuer Tatkraft und gefasster Haltung wendete sie sich von ihm ab. Als sie schon einige Schritte entfernt war, fiel ihr plötzlich etwas ein und sie drehte sich traurig um. „Dein Freund Acer, ich sah ihn zuletzt auf dem Boden liegen als wir uns zurückzogen. Ich weiss nicht ob er noch lebt.“ dann drehte sie sich wieder um, um ihre Pflichten zu erfüllen.

Und deshalb bemerkte sie nicht das Flackern in Utgars Augen. Wie sich seine Miene versteinerte und seine Schultern kurz einfielen um sich dann wieder erneut zu straffen.
Voller Sorge wandte er sich wieder dem Geschehen auf dem Schlachtfeld zu.

...
...

„Siiiiiiieeeeeeeeg!!“ der Ruf brandete über die Küstenebene und immer mehr Stimmen fielen in den Jubel ein. Heisere Kehlen krächzten damit ihre Freude hinaus. Butor streckte seinen Speer in den Himmel und seine Truppen taten es ihm nach. „Siiiiiiieeeeeeeeg!!“
Einige wenige Überlebende, Barbaren und Trolle wurden abgeführt. Die Fianna standen auf dem feinen Strand der Küste und sahen auf die brennenden Drachenboote.
Als sie sich umdrehten um das Schlachtfeld aus ihrer Siegesposition zu überblicken, sahen sie die ganze Ebene von Leichen bedeckt. Hier und da kniete ein Druide nieder um seine Heilkräfte wirken zu lassen. Ja sogar die Heiler der Nordmänner knieten neben ihnen nieder und beteten zu ihrer Göttin Hel um den Verwundeten und Sterbenden Trost zu spenden. Wo sich die kämpfenden Truppen gegenseitig im Blutrausch abgeschlachtet hatten, arbeiteten die wenigen Heiler und Druiden zusammen. Wahrscheinlich weil sie sich dem Schutz des Lebens verdingt hatten und nicht deren Auslöschung.

...
...

Eine einsame Gestalt wanderte über das Schlachtfeld und sah sich um. Ihr Blick blieb auf jedem Gefallenen haften. Die wenigen Heiler und Druiden die ebenfalls dort unterwegs waren wendeten aus Respekt die Augen von der Gestalt ab, als sie sie weinen sahen. Sie wollten den grossen Mann nicht stören in seiner Trauer. Es kam selten vor das ein Befehlshaber nach einer Schlacht jeden toten Gefallenen betrachtete - als Mahnung an sich selber. Und noch weniger kam es vor das dieser Befehlshaber dabei weinte. Und genau aus dieser Achtung heraus überliessen sie ihn seiner Trauer.
Dann kniete die grosse Gestalt neben einem grünhaarigen Elfen nieder. „Utgar?“ schwach verliess die Frage die blutleeren Lippen des Elfen. Seine Augen sahen bereits nichts mehr und ihr Blick wendete sich in eine innere Welt. „Ja Acer, ich bin es.“ leise und ruhig antwortete ihm der grosse Mann. „Du hast tapfer gekämpft mein Freund.“ Ein letztes Lächeln trat auf die Lippen des Elfen „Wir beide haben ja auch fleissig geübt...“ die Stimme wurde immer schwächer und seine Züge erstarrten. Langsam drückte der grosse Mann die offenen Lider des Elfen zu und legte ihm sein Schwert auf die Brust und die Hände um den Griff. „Ein grosser Kämpfer geht nun wieder über den Schleier. Und er ist mein Freund.“ Traurig und gefasst, von einer inneren Ruhe durchdrungen erhob sich Utgar und sein Blick wanderte in die Ferne.

Zurück in eine armselige Hütte, im Grenzgebiet Hibernias. Zurück zu einer ähnlich tapferen Gestalt auf einem Totenbett. Zurück in seine eigene Vergangenheit...

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Utgar führte viele Beinamen. Die Elfen nannten in „den Tapferen“. Die Firbolgs nannten ihn „den Starken“. Die Völker Hibernias nannten ihn eine Zeit lang sogar „den Beschützer“. Seine Eltern nannten ihn einfach nur „Utgar“. Seine Feinde verspotteten ihn und nannten ihn „den Bastard“. Aber in einem waren sich später alle einig. Der Name unter dem er bekannt werden sollte lautete „Utgar der Eroberer“.