DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Der Findeltroll In den Plains

Ihr Weg führte über die Prydwenbrücke in Richtung West-Downs, der alten Handelstation am Rande einer weiten, gefährlichen Grasebene, die in den Karten als Salisbury Plains verzeichnet war. Die jungen Krieger Albions nennen sie nur respektvoll die "Plains", dort konnte ein tapferer Kämpfer schnellen Ruhm erwerben oder - was häufiger vorkam - einen noch schnelleren Tod finden.
Cedric fand eine Unterkunft für die Pferde, und kurz darauf unternahmen die drei ihren ersten Ausflug in die gefährliche Graslandschaft. Lancelot lief unbekümmert voran, obwohl Cedric vorher eindringlich gewarnt hatte:
"Junge, das sind richtig üble Biester hier! Die lassen sich nicht so einfach aufessen wie Wildschweine und Schwarzwölfe, die drehen den Spieß um und fressen auch einen Troll, wenn du nicht aufpasst!"
Lancelot schaute ihn daraufhin nur ungläubig an. Das war bestimmt nur so dahergesagt! Bisher war immer er es gewesen, der die wilden Tiere jagte und aufutterte, dass hatte bisher auch hervorragend funktioniert, und das es einmal umgekehrt laufen könnte, sprengte seine Vorstellungskraft.
So stürzte er sich auch munter auf den ersten arglosen Brownie, der ihm vor die Keule kam. "Ist zwar nicht viel dran, aber für ein Abendessen wird es reichen", dachte Lancelot. Doch das kleine Präriegeschöpf entdeckte ihn im letzten Augenblick, bevor die Keule niedersauste. Flink und geschickt wich es mit einem Quieken der Attacke aus und flitzte davon.
"Das gilt nicht, willst du wohl hierbleiben!" rief Lancelot und setzte sofort dem Flüchtling nach.
"Halt, Lancelot, bleib stehen! Nicht weiter!" brüllte Cedric über das Gras, griff genau wie Ryan nach seinem Schwert und rannte hinterher. Das hatte er kommen sehen! Lancelot war schon über die erste Hügelkuppe verschwunden, auf der Jagd nach dem widerspenstigen Abendessen. Die beiden Waffenmeister folgten ihm so schnell sie konnten, denn sie wußten, was sich hinter diesen Hügeln verbarg, welche tödliche dort Gefahr auf den jungen Troll lauerte.
"Komm zurück, Junge, da sind Basilisken!", brüllte Ryan so laut er konnte, doch Lancelot schien nicht zu hören. Die beiden alten Kämpfer liefen so schnell es ihnen möglich war, Cedric spürte, wie seine alten Knochen protestierten und zwang sich dennoch weiter, und auch Ryan hechelte schon besorgniserregend. Kurz vor der Kuppe hörten sie ein lautes, klägliches:
"Hilfe, Hilfe, Papa! Onkel Ryan! Kommt her! Hilfe!"
Cedric und Ryan erreichten keuchend die Hügelkuppe und erkannten sofort, in welche Schwierigkeiten sich der Junge gebracht hatte: Lancelot stand vielleicht 50 Meter entfernt, umringt von drei großen Basilisken, die ihn wütend umkreisten. Die stechenden Blicke der großen Vögel hatten den Troll fast völlig gelähmt, wie zur Salzsäule erstarrt stand er da mit seiner erhobenen Keule und schaute verwirrt und ängstlich, während die drei Angreifer ihren tödlichen Kreis immer enger zogen. Ihre furchtbaren Schnäbel aus stahlhartem Horn hackten bereits nach dem hilflosen Opfer. Warum hatten sie den unerfahrenen Troll noch nicht zerfetzt? Es erschien Cedric fast wie ein Wunder, doch einem Moment später verstand er, was die wütend krähenden Bestien zurückhielt: Ein anhaltendes und wohlbekanntes kräftiges Krachen erklang aus Lancelots Richtung, und die Basilisken hopsten auf ihren dürren Beinen sofort ein paar Schritte von ihrer Beute zurück, als hätte sie ein Hieb getroffen. So nutzte der Troll die einzige Verteidigungsmöglichkeit, die ihm bei seiner Lähmung noch blieb, aber auch Lancelot konnte ja nicht ewig furzen! Also stürzten Cedric und Ryan mit markerschütternden Schreien auf die Basilisken zu, die drehten verwundert ihr langen Hälse, ließen von der scheinbar sicheren, aber übelriechenden Beute ab und stürzten sich auf die beiden Waffenmeister.
Für einen Anfänger mögen Basilisken schwere Gegner sein, nicht jedoch für zwei alte Kämpen mit der Erfahrung vieler Jahre. Die beiden wußten genau, das es darauf nur darauf ankam, den bösartigen Riesenvögeln nicht in die Augen zu schauen. Ryans Schwert durchtrennte sauber den Hals eines Basilisken, dann half er Cedric, die beiden anderen zu erledigen. Keiner der beiden bekam auch nur eine Schramme ab, selbst Cedric in seiner Robe blieb unverletzt.
"Das ist ja gerade nochmal gutgegangen", japste der erschöpfte Cedric und ließ sich ins Gras fallen.
Lancelot hatte staunend diese Vorführung wahrer Waffenmeisterkunst beobachtet. Als seine Lähmung nachließ, stammelte er bewundernd:
"Oh, das war toll, das will ich auch lernen!"
Cedric schaute ihn böse an. Voller Ärger über den leichtsinnigen Jungen machte er seinem Herzen gründlich Luft:
"Wenn du so etwas noch einmal machst, lernst du gar nichts mehr! Es war pures Glück, das dich die Vieher noch nicht erledigt hatten. Ein paar Sekunden später, und es wäre zu spät gewesen. In Zukunft hörst du auf meine Worte oder ich bringe dich nach Humberton zurück, da kannst du wieder Handschuhe nähen!"
Lancelot schaute betreten zu Boden. "Nein, nein, bitte nicht Nähen!", flüsterte er leise.
"Nun sei mal nicht so streng zu dem Jungen, wir waren doch damals nicht viel anders in dem Alter!" beschwichtigte Ryan seinen Freund, "Weißt du noch als du damals mit 15 einer jungen Zauberin versprochen hast, ihr die schönen Stoffhandschuhe von den Dunters zu holen?"
"Mmmmh, das ist lange her..." brummte Cedric. Natürlich erinnerte er sich gut an diese alte Begebenheit, die ihm und Ryan fast das Leben gekostet hätte.
In den folgenden Wochen hielten sie sich in den Plains auf, und Lancelot lernte die Grundlagen der gemeinsamen Jagd. Wenn andere Kämpfer in der Nähe waren, spielte Cedric wieder den Theurgen und Lancelot sein treues Tier, doch in unbeobachteten Augenblicken zeigten sie dem aufmerksamen Jungen den Umgang mit Armbrust, Schild und Schwert, sie übten mit ihm die Techniken der verschiedenen Waffen, zeigten ihm, wie ein Waffenmeister blockieren und parieren muß - Kurz, Cedric und Ryan brachten ihm alles bei, was sie selber konnten, und das war nicht wenig. Lancelot sog alles auf wie ein Schwamm, er lernte mit Begeisterung und so schnell, dass es selbst Cedric verblüffte. Bald brauchte er sich nicht mehr vor den Untieren der Plains zu fürchten, auch die Basilisken jagten Lancelot keine Schrecken mehr ein, und er nahm furchtbare Rache an den großen Hühnervögeln - Ihr einzig vernünftiger Daseinszweck lag seiner Meinung darin, als Suppeneinlage brutzelnd im Topf am Lagerfeuer zu enden. Basiliskensuppe ist wirklich lecker. Und davon gab es dank ihm reichlich.
Zur wahrer Meisterschaft im Umgang mit Waffen würde es der junge Troll jedoch nur durch noch stärkere Gegner bringen, darüber waren sich Cedric und Ryan einig. Außerdem fehlte ihm zum Waffenmeister noch etwas sehr Wichtiges, was Cedric schon seit längerem Kopfzerbrechen bereitete. Eines Abend kam ihm plötzlich eine zündende Idee: "Alter Knabe, warum ist dir das nicht schon längst eingefallen?", sprach er zu sich selbst und haute sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
"Laß uns morgen hier verschwinden und nach Cornwall Station reiten!" schlug er den anderen vor.
"Was willst du ausgerechnet in Cornwall?" fragte Ryan erstaunt.
"Ihr werdet es schon sehen, wenn wir da sind", erwiderte Cedric und ließ sich kein weiteres Wort entlocken.
Am nächsten Morgen verließen sie die Plains, die Lancelot bereits richtig vertraut waren. Er würde die Basiliskensuppe vermissen. Aber dafür lockten ja auch neue Abenteuer!