DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Der Findeltroll Cedric bastelte aus Zweigen eine Tragehilfe und schnallte sie wie einen Rucksack auf den Rücken. So zogen sie Richtung Sauvage, ein seltsamer Anblick im Grenzland, vor allem Cedric mit seiner völlig zerbeulten Rüstung und dem Tragekorb, aus der hin und wieder ein kleiner Troll interessiert in die Landschaft schaute.
Die Befürchtungen hinsichtlich der Vorräte wurden sehr schnell wahr: Der ganze Fisch, das Räucherfleisch, das Brot - all das verschwand in Laufe des nächstens Tages mit atemberaubender Geschwindigkeit im Trollmagen.Dr Appetit des Kleinen stellte alles in den Schatten, was Cedric und Ryan je erlebt hatten: Egal, was sie ihm vor die kleine Nase hielten, er griff zu, biß hinein und aß es auf. Selbst uralte Kekse, die schon seit Monaten in Ryans Rucksack vor sich gammelten. Da kamen die beiden auf den vernünftig klingenden Einfall, ihrem ewig hungrigen Begleiter einfach nichts mehr zu geben. Doch der Troll fand diese Idee alles andere als vernünftig: nach nur zwei Stunden Zwangsdiät setzte ein ohrenbetäubendes Geschrei und Geheule aus dem Rucksack ein und die beiden hartgesottenen Krieger wurden schnell wieder weich. Sie fürchteten auch, der Lärm könne wilde Tiere oder sogar Feinde anlocken. Also stopften sie ihm - im wahrsten Sinne des Wortes - mit ihren letzten Vorräten das Maul.
Doch die Unmengen an Nahrung verschwanden leider nicht völlig spurlos im Trollbaby. Schon am Abend des ersten Tages bemerkte Ryan einen widerwärtigen, leicht süßlichen Geruch, der aus dem Tragekorb aufstieg.
"Hat er schon wieder gefurzt?"fragte er Cedric und rümpfte die Nase:
"Das riecht ja noch schlimmer als sonst. Laß mich vorangehen, sonst halt ich das nicht aus!"
"Ach herrje!" stöhnte Cedric nach einem genaueren Blick auf den Troll:
"Es ist wirklich schlimmer, er hat seine Felle und das ganze Tragegerüst zugesch..... äh, also ....als Trollklo benutzt."
Nachdenklich rieb er sich die Stirn und überlegte, was zu tun sei. Dann entschied er:
"Wir müssen ihn wieder saubermachen!"
Ryan blieb stehen, verschränkte die Arme und antwortete langsam und entschieden:
"Wir, mein Bester, wir müssen gar nichts!" und er fuhr fort:
"Du hattest den Einfall, ihn mitzuschleppen, du wolltest ihn mit nach Hause nehmen. Ich war von Anfang an dagegen!....also jetzt mach du irgend etwas, damit dieser Alptraum für meine Nase endlich aufhört! Putz ihn ab oder was immer man mit kleinen verdreckten Babys macht!"
Cedric seufzte.
"Gut, laß uns noch ein kurzes Stück bis zum Bach da vorne gehen, da versuch ich ihn durchzuspülen."
Sie erreichten einen kleinen Gebirgsbach, in dem eiskaltes Wasser aus den Gletschern der Black Mountains plätscherte. Cedric fragte sich besorgt, ob sich sein Schützling vielleicht erkälten könnte? Aber Ryan hatte ja recht: Gegen diesen Gestank mußte etwas unternommen werden. Also tauchte er den Kleinen immer wieder in das kalte Nass und stellte überrascht fest, das der Troll dabei vor Vergnügen quietschte. Als ob einem echten Midgardtroll etwas kaltes Wasser schaden würde!
Ryan beobachtet die ganze Szene aus einiger Entfernung und amüsierte sich prächtig:
"Hoffentlich beobachtet uns keiner dabei, wie der edle Sir Cedric Heradon einem Trollbaby den Popo putzt",grinste er,"Diese Geschichte würde in der Schenke von Humberton für Jahre reichen!"
"Anstatt dich über mich lustig zu machen, könntest du ja auch mal was Sinnvolles tun!"schlug Cedric gereizt vor, der sich gerade bemühte, die Hinterlassenschaften des Trolls aus der Trage und den Fellen zu entfernen.
"Eine echte Sch......arbeit!"; knurrte er dabei still vor sich hin.
Ryan überlegte kurz, wühlte in den Tiefen seines Rucksacks herum und förderte dort tatsächlich noch ein Stück Seife zu Tage. Der kleine Troll lag inzwischen halbwegs sauber am Bachufer, und Ryan dachte sich, ein wenig einschäumen könne nicht schaden. Und so beugte er sich mit der Seife über den Kleinen.
Der Troll bemerkte ihn und verzog den Mund zu einem zufriedenen Trollbabylächeln. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, das Essen direkt vor die Nase gehalten zu bekommen. Und endlich gab es wieder was! Wurde auch Zeit! Woher sollte er auch wissen, das der Mann mit dem seltsamen runden gelben Ding in der Hand ganz andere Absichten verfolgte? Also griff er blitzschnell nach dem Stück Seife in Ryans Hand und schlug kraftvoll seine Zähnchen hinein.
Einen Moment geschah nichts, dann hallte ein lautstarkes und empörtes: "Rabääääääääääääääääh.....!"durch die dunklen Wälder im Grenzland und ein angebissenes Stück Seife flog in weitem Bogen über den Bachlauf in das angrenzende Gebüsch.
Jetzt war es Sir Cedric, der sich vor Lachen kugelte:
"Und du meinst, meine Ideen sind seltsam?" prustete er los:"Aber was für ein Einfall! Einen Troll einzuseifen. Hahahaha...ein Troll und Seife!"
Der kleine Troll brauchte noch lange, um sich zu beruhigen. Eine herzliche Abneigung gegen Seife und alles, was ähnlich roch, sollte ihn für den Rest seines Lebens nicht verlassen.
Die nächsten Tage verliefen ohne größere Zwischenfälle, zwischendurch gingen die Männer jagen, um ihre Vorräte wieder aufzufüllen und den ewig hungrigen Kleinen zu versorgen. Am dritten Tag erreichten sie Fort Sauvage im letzten Tageslicht. Das gewaltige Tor der Befestigungsanlage warf unter der tiefstehenden Sonne einen langen Schatten, und wirkte noch bedrohlicher als ohnehin schon. Tagsüber herrschte hier gewöhnlich hektische Betriebsamkeit, die Nordseite ist Treffpunkt für Händler, Krieger und Magier vor und nach ihren abenteuerlichen Reisen ins Grenzland. Doch zu dieser späten Stunde war nichts mehr von dem geschäftigen Treiben zu erkennen, nur zwei einsame Wachen standen rechts und links des Tores, gelangweilt auf ihre Lanzen gestützt. Jetzt hatte einer der beiden die seltsamen Wanderer entdeckt, rief seinem Kameraden etwas zu und zeigte in Richtung der Ankömmlinge.
Ryan seufzte. Hoffentlich würde es keine neuen Probleme geben! Hatten die vergangenen Tage den beiden nicht schon genug abverlangt?
"Halt!"rief der Wächter auf der rechten Seite:
"Wer seid ihr und wohin des Weges?"
"Cedric Heradon und Ryan Connor auf dem Rückweg von einer Erkundungsmission" antwortete Cedric müde,"Mensch, Herulf, du kennst uns doch, wir sind nun nicht zum ersten Mal hier, laß uns einfach vorbei."
Natürlich kannte Wächter Herulf die beiden, jeder hier kannte sie, seit vielen Jahren waren Cedric und Ryan regelmäßig im Grenzland unterwegs.
"Klar weiß ich, wer ihr seid, Sir Heradon! Aber die Vorschriften, versteht ihr? Wir müssen neuerdings immer fragen. Es ist wegen der Spione aus Hibernia und Midgard."
Cedric runzelte die Stirn, ihm leuchtete nicht ein, wie diese Regel gegen Spione helfen sollte. Was glaubten denn die Wachleute? Das jemand sagt:
"Hallo ich bin ein hibernianischer Kundschafter und will in Albion etwas herumspionieren?"
Aber er verkniff sich einen Kommentar, erschöpft wie er sich fühlte, hatte er nur noch den Wunsch, ohne lange Diskussionen die Grenze zu überqueren. Herulf wollte auch gerade die beiden passieren lassen, als sein Blick auf die Trage an Cedrics Rücken fiel. Er beugte sich interessiert darüber.
"Was zum Teufel ist das?" rief er laut aus. Damit weckte er den sanft schlummernden Passagier, der vor Schreck einmal kräftig furzte und ein erschrockenes: "Rabääääh!" losließ. Der zweite Wächter kam herbei.
"Das da....das.." stotterte der verdutzte Herulf :
"Das ist ja ein Troll!"
Ryan stöhnte leise auf. Schon fingen die Schwierigkeiten an!
"Aber nur ein ganz, ganz kleiner ...." versuchte Cedric abzuwiegeln.
"Aber, aber......" Herulf schaute ratlos umher. Es war eine schwierige Situation für den Wächter. So ein Troll ist doch normalerweise ein Feind, überlegte er, und Feinde durften sie nicht vorbeilassen. Aber in ihrer Ausbildung war nie die Rede von Kriegern gewesen, die furzende Trollbabys mit sich führten. Was ist in einem solchen Fall zu tun? Nun ja, Troll ist Troll, egal ob winzig oder groß, also rang sich Herulf eine Entscheidung ab:
"Kein Troll darf seinen Fuß durch das Sauvagetor setzen!"
"Ja, so ist es! So ist es. Kein Troll geht durch dieses Tor !" ergänzte der andere Wächter, mit offensichtlicher Erleichterung, eine Verhaltensregel für diese Situation gefunden zu haben.
"Ja sicher, natürlich" pflichtet Cedric bei:
"Aber schaut doch mal genau hin" und er erklärte langsam und deutlich:
"Dies ist eine Trage. Wenn ich den Troll darin trage, dann setzt er doch keinen Fuß durch das Sauvagetor, oder?"
Er blickte in die Gesichter der beiden Wächter, die genauso langsam nickten wie sie begriffen. Herulf war ein guter Kerl, das wußte Cedric, aber schnelle Auffassungsgabe war seine Sache nicht.
"Und gibt es eine Vorschrift, die es verbietet, einen Troll durch das Tor zu tragen?" fragte er den anderen Wächter.
"Tragen? Äh? Weiß nicht....?" Verunsichert blickte der Angesprochene hilfesuchend zu Herulf:
"Glaube nicht? Oder?"
"Es ist nicht verboten, glaubt es mir. Ich bin lange genug hier unterwegs und kenn mich da schon etwas aus" beruhigte Cedric die Wächter:
"Können wir vielleicht jetzt passieren? Ich möchte gerne zum Abendessen zu Hause sein."
Den beiden Wächtern standen ihr Zweifel zwar noch ins Gesicht geschrieben, aber sie öffneten langsam das große Tor in das sichere Heimatland.
Cedric atmete vor Erleichterung auf. Jetzt nur noch zum Pferdeverleih, und dann auf nach Humberton. Es war schon viele Tage her, seit er seine Frau Emily zuletzt gesehen hatte und er lächelte bei dem Gedanken an ihr Gesicht, wenn er ihr den kleinen Begleiter aus dem Grenzland vorstellen würde.