DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Der Findeltroll Am Ende jeder Hoffnung

Wie Ameisen bewegten sich Tausende von Kämpfern vor dem Tor und bereiteten den Ansturm vor. Viele sammelten Holz für den Bau der schweren Belagerungskatapulte, bei deren Anblick auch die letzten Hoffnungen Cedrics zu Staub zerfielen. Diesem Aufmarsch war das Tor von Sauvage nicht gewachsen, wie Spielzeugpuppen wirkten die schlanken Silhouetten der Bogenschützen auf den Zinnen. Noch gelang es ihnen, vereinzelte Midgarder mit ihren tödlichen Pfeilen zurückzuhalten. Noch war die Armee nicht bis zum Tor vorgedrungen. Doch sie würden es versuchen, sobald die wuchtigen Rammböcke und Katapulte fertiggestellt waren.
"Was können die Verteidiger gegen einem solchen Ansturm ausrichten?" fragte sich Cedric in einem Anflug von Verzweiflung. Und wie, um Himmels Willen, konnte es ihm und seinen Gefährten überhaupt gelingen, jetzt nach Albion hineinzugelangen? Ihre hervorragende Tarnung als Midgardkrieger erlaubte es ihnen zwar, sich unbemerkt im Angreiferheer aufzuhalten, doch jeden Versuch, sich dem Tor zu nähern, würden die albionischen Bogenschützen sicherlich mit gezielten Schüssen vereiteln. Natürlich konnten sie sich ihre falschen Bärte und Zöpfe herunterreißen und sich als Albionier zu erkennen geben, aber dann würden die Midgarder sie sicherlich töten, noch bevor sie das Tor erreichen würden.
"Wie gehts jetzt weiter, Cedric?" fragte Luka, und auch Lancelot, Ryan und Bohlen blickten ihn erwartungsvoll an. Bisher war er es immer gewesen, der in brenzligen Situationen mit einer überraschenden Lösung, oder guten Idee die Lage zu ihren Gunsten wenden konnte. Doch Cedric, die Augen auf die verschlossenen Tore Albions gerichtet, fühlte nur Hoffnungslosigkeit und eine große Leere in seinem Kopf. So kurz vor dem Ziel, und jetzt erwies sich ausgerechnet das Tor von Sauvage als unüberwindliches Hindernis.
"Ich weiß es nicht, Junge, ich weiß wirklich nicht, wie wir lebend da durchkommen sollen!" stöhnte er, "Wir brauchen ein Wunder, und wir brauchen es schnell!"
Unruhig blickte er auf die immer höher kletternde Sonne. Bald war es Mittag, und bis zum Ende des Tages sollte die Träne des Trolls in Camelot sein, sonst würden die Zauberer des Reiches einer nach dem anderen sterben, und das wäre wirklich das Ende jeder Hoffnung.

Lady Winchell stand auf der Burgmauer Camelots, die Augen abgeschirmt gegen die Mittagssonne, und blickte sorgenvoll nach Osten. Castle Excalibur war gefallen! Ein Kundschafter brachte ihr gestern diese niederschmetternde Nachricht, der letzte Albionier, der noch schwerverletzt durch das Tor von Sauvage flüchten konnte, bevor die Belagerung der Grenzfestung begann. Sie wußte, vor dem Tor sammelte sich eine riesige Midgarder Streitmacht, mehrere tausend Kämpfer stark. Einige Ratsmitglieder und albionische Heerführer schritten die Stufen zu ihr hinauf:
"Ist Sauvage noch zu halten?" fragte sie. Waffenmeister Alphin schüttelte langsam und bedächtig den Kopf und antwortete ihr:
"Mylady, noch nie sah Albion eine solche Bedrohung. Unsere Männer und Frauen werden tapfer kämpfen bis zum letzten Augenblick. Aber ohne die Heiler und vor allem ohne die Zauberer können wir das Tor nur wenige Stunden halten. Dann wird der letzte unserer Krieger fallen, das Tor wird aufgebrochen werden und dann ist Albion Geschichte!"
"Nun gut!" Lady Winchell schaute in die Runde und blickte in ernste, zutiefst besorgte Gesichter.
"Wenn dies wirklich das letzte Kapitel unserer Geschichte ist, dann soll es eine Schlacht werden, von der noch in Jahrhunderten die Sänger berichten! Schickt jeden Mann, jede Frau, jedes Kind nach Sauvage! Sie sollen Holz mitbringen, um die Tore zu reparieren und Pfeile für die Bogenschützen. Dies ist unsere schwärzeste Stunde, aber wir werden unsere Freiheit und unser Land so teuer verkaufen wie möglich. Es lebe Albion!"
"Es lebe Albion!" riefen die Heerführer tapfer und schlugen zustimmend an ihre Schilde.
"Mylady, wenn wir die Heiler dabei hätten...",schlug Alphin vor, "...Vielleicht könnten wir Sauvage dann etwas länger halten?"
"Nein!", wehrte sie ab, "Meine Heiler bleiben bei den Zauberern!. Wir lassen hier niemanden sterbend zurück. Und nun geht!"
Die Hauptleute verbeugten sich und verließen die Burgmauer. Lady Winchell sah sie kurz darauf über die Brücke und dann durch Cotswold reiten, Richtung Sauvage, mit einer kleinen Schar von Handwerkern und sehr jungen Kriegern, sogar Kinder waren dabei. Würde sie auch nur einen von ihnen lebend wiedersehen?
Eine junge Heilerin eilte im Laufschritt zu ihr herauf. Sie erkannte Asme, die sich mit den anderen Heilern in der Akademie Tag und Nacht um die todkranken Zauberer kümmerte.
"Mylady, es steht schlecht um die Kranken!" flüsterte sie mit Tränen in den Augen.
"Die Vergiftung schreitet weiter fort. Obwohl wir alles versuchen, was unsere Heilkunst hergibt - manche Zauberer stehen schon an der Schwelle zum Tod, und wenn kein Wunder geschieht, wird wohl niemand von ihnen die Nacht überleben!"
"Versucht alles, Asme. Ihr dürft nicht aufgeben! Wir können nur noch um ein Wunder beten"

Nachdem die Heilerin sie verlassen hatte, wandte sich ihr Blick wieder nach Osten. In Camelot wußten außer ihr nur wenige von dem verzweifelten Versuch, im fernen Midgard einen magischen Stein zu finden. Im Gelingen dieser Mission lag ihre allerletzte Hoffnung. Doch sie befürchtete, Cedric, Ryan, den kleinen Kundschafter Luka und den großen Troll Lancelot hätte bereits das Schicksal ereilt, welches Albion noch bevorstand. Vermutlich sind sie längst tot, und wenn sie es nicht sind - Wie sollten sie jetzt noch ihren Weg nach Camelot finden?