Auf Leben und Tod
"Moment mal!" Cedric hob die Hand
und schaute seinem Gegenüber fest in die Augen, "Wir haben eine wichtige
Nachricht für euren Anführer, und sind weit gereist, um sie zu überbringen.
Sicher bekommst du Ärger, wenn du uns vorher aufißt!" "Pah!" Der Troll
machte eine wegwerfende Handbewegung, "Du sprechen mit Anführer. Ich Radak,
erster der Trolle! Für Radak nicht wichtig, was Weichhäute draußen wollen.
Draußen ist draußen, hier drin unser Land. Wenn Weichhaut gehen durch Höhlen,
Weichhaut wird gegessen. Immer so gewesen. Das gute Tradition!" Cedric
schluckte, und der Troll überlegte einen Moment: "Aber gut, du sagen, was
wollen, und wir euch danach aufessen." "Wir wollen die Träne des Trolls!"
antworte Cedric. Warum es nicht einfach mit der Wahrheit versuchen? Einen
Moment schwieg Radak verblüfft, dann begann er zu lachen, laut und dröhnend, bis
alle seine Leute in das Lachen einfielen. "Hahahaha, Träne von Troll wollt
ihr! Ihr kleinen Weichhäute! Ihr keine Ahnung haben was da sagen. Besser wir
euch gleich aufessen, ist besser für uns und auch besser für euch!" Und er
hob seine Hand, um das Signal zum Angriff zu geben. "HALT!", rief plötzlich
Lancelot, schob Cedric beiseite und blickte Radak mit blitzenden Augen an, die
Keule angriffsbereit in der Hand. "Du frißt hier niemanden meiner Freunde
auf, verstanden?" "Wer du bist? Von welchem Stamm? Du wagen Radak zu
fordern?",fragte Radak überrascht, dem er jetzt die Anwesenheit des Trolls
richtig auffiel. "Wer dich erzogen, das du haben kein Respekt vor erstem
Troll? Ich dich zermatschen!" Radak schien irritiert. "Ich bin Lancelot und
so einen wie dich mach ich noch vor dem Frühstück fertig, du Angeber! Trau dich
doch, du Feigling!" knurrte Lancelot. Sie standen sich beide drohend
gegenüber, beide fast gleich groß, Radak zwar deutlich älter, aber mindestens so
kräftig wie Lancelot. Keiner von beiden wich auch nur einen Zentimeter zurück
und sie starrten sich unnachgiebig an. So wirkten sie fast wie Spiegelbilder
ihres Gegenübers, und Cedric fiel plötzlich eine ungeheure Ähnlichkeit zwischen
den beiden Trollen auf. Die anderen Trolle wurden unruhig, ein Gemurmel hob
an und immer häufiger fiel das Wort "Zweikampf". Radak hob wieder die Hand, und
die Unruhe legte sich. "Gut, Radak brauchen Bewegung vor dem Essen. Radak
verdreschen diesen frechen Jungen...", er wies auf Lancelot,"...dann endlich
Abendessen!" Seine Leute brüllten und johlten vor Begeisterung und bildeten
ein großen Kreis um die beiden Trolle. Cedric und die anderen wurden unsanft aus
der Kreismitte geholt, sie mußten sich ebenfalls setzen, jeder von ihnen von
zwei kräftigen Trollen flankiert. "Regel ganz einfach!" knurrte der
Anführer, ohne Lancelot aus den Augen zu lassen, "Wir kämpfen, bis einer kaputt.
Wenn du kaputt, endlich Abendessen." "Und wenn ich dich kaputthaue,
Großmaul?", knurrte Lancelot zurück, "Kriegen wir dann die Träne des Trolls?"
"Das nicht geschehen", zischte Radak. Doch dann wandte er sich noch einmal
an seine Leute: "Hört zu! Wenn dieser Junge Radak kaputt hauen, dann laßt
sie laufen. Zeigt ihnen, wo Trollträne finden!" und dann flüsterte er so leise,
dass nur Lancelot es verstehen konnte: "Dann du werden halt etwas später
sterben!" "Fangt an, fangt an", brüllte die Menge, nur Cedric und Ryan
blickten voll Sorge auf den jungen Troll, der sich in einen Kampf auf Leben und
Tod bewähren sollte. Für Cedric war es fast unerträglich, nicht in das Geschehen
eingreifen zu dürfen. Wenn Lancelot doch wenigstens seine schwarze Rüstung
gehabt hätte! Doch jetzt war seine Ausrüstung kaum besser als die seines
Gegners. Radak war ein paar Schritte zurückgetreten und fixierte den jungen
Troll. "Zeig, wie du kämpfen!" rief er und griff unvermittelt an, rannte für
seine Masse erstaunlich schnell auf Lancelot zu und hielt die schwere Keule
dabei lange über dem Kopf, damit Lancelot nicht zu früh wußte, wo der erste
Schlag landen sollte. Aber Lancelot hatte von Ryan und Cedric gelernt, das
die Augen den Gegner verraten, und Radak rascher Blick nach unten zeigte ihm,
das der fremde Troll ihm die Beine wegschlagen wollte. Im letzten Moment riß er
seine Waffe zum Schutz nach unten, ein dumpfes Krachen ertönte, als die beiden
Keulen aufeinander schlugen. Trotz der schnellen Reaktion war Radaks Hieb noch
wuchtig genug, um Lancelot, der auch nicht gerade leicht gebaut war, fast aus
dem Gleichgewicht zu bringen. Schon setzte Radak zum nächsten Hieb an, aber
Lancelot wartete nicht ab. Wenn es eine Gelegenheit zum Gegenangriff gibt,
darfst du sie nie verstreichen lassen, hatte Ryan ihm immer wieder eingebleut,
und er entdeckte eine Möglichkeit: Während Radak seine Waffe erneut hob, war
sein Oberkörper für einen kleinen Moment ungedeckt, und Lancelot stieß mit
seiner Keule in genau diesem Augenblick wie mit einem Schwert zu. Er hörte das
knackende Geräusch einer brechenden Trollrippe und ein verblüfftes "Uff!" seines
Gegners, der mehrere Schritte zurücktaumelte. "Jetzt, Junge, drauf!" brüllte
Ryan und wollte aufspringen. Die beiden Trollwachen hatten alle Mühe, ihn
festzuhalten. Doch Lancelot brauchte keine Hilfe mehr. Er sprang auf den
taumelnden Radak zu, und kurz bevor der sich wieder fing, traf ihn Lancelots
Keule am Arm, danach folgte ein gezielter Schlag auf die Beinen, der den Gegner
in die Knie zwang. Radak brüllte vor Schmerz auf und wollte aufstehen, als ihn
ein Hieb der Keule an der Schläfe traf. Er sackte wieder zusammen und ließ dabei
seine Keule fallen, die mehrere Meter durch den Staub rollte. Kaum ein anderer
Gegner hätte einen solchen Schlag überlebt, doch Radak wirkte nur benommen,
versuchte sich aufzurappeln und suchte auf alle vieren nach seiner Waffe. Aber
Lancelot hatte bereits seinen Fuß auf den Griff der gegnerischen Keule gestellt.
Erstauntes Raunen und verblüffte Rufe erklangen unter den Zuschauern. Das
Radak, ihr Anführer, einen Kampf verlieren könnte, schien den Trollen fast
unvorstellbar. Doch es sah schlecht aus für ihren ersten Troll. Jetzt
brauchte es eigentlich nur noch einen einzigen, wohlgezielten Schlag, um den
Kampf für sich zu entscheiden und den hilflosen Gegner ins Jenseits zu
befördern. Doch Lancelot zögerte. Ruhig nahm er die Keule des Gegners
auf und fragte laut: "Hey Großmaul, wer hat gewonnen?" Der noch etwas
orientierungslose Radak wandte sich in Lancelots Richtung, erkannte erschrocken
seine eigene Keule in der Hand des jungen Trolls und wußte, daß damit die
Entscheidung gefallen war. "Pah! Radak schlechten Tag heute haben!" grunzte
er mit schmerzverzerrtem Gesicht, "Frecher Trolljunge machen Radak kaputt.
Ärgerlich das. Worauf du noch warten?" Seine Leute würden ihm nicht helfen,
wußte er genau. Sie warteten den Verlauf der Dinge ab. Für die Trolle sind
Zweikämpfe eine Ehrensache und gelten erst dann als beendet, wenn einer der
beiden Kämpfer nicht mehr aufsteht. "Warum sollte ich dich töten, Radak? Du
bist bestimmt kein gutes Abendessen! Also sag uns wo der Träne des Trolls ist
und dann verschwinden wir", schlug Lancelot vor und grinste. Radak stand
etwas verblüfft vor ihm und auch alle anderen Trolle schwiegen. Jetzt, wo die
gefährliche Situation überstanden war, fühlte Lancelot sich eigentlich sehr
erleichtert. So sehr erleichtert, das er erstmal etwas loswerden mußte, was sich
schon länger angestaut hatte und in das versammelte Schweigen krachte ein
lauter, knatternder, langanhaltender Furz. "Uff, uff!", raunte es aus der
Zuschauermenge. Die Trolle schienen mächtig beeindruckt und flüsterten
untereinander. Eine alte Schamanin hielt ihre Nase in die Luft, schnupperte ein
wenig und stieß einen Laut der Überraschung aus. Sie erhob sich und zeigte auf
Lancelot. "Ich kennen diesen Wind! Schon lange her, seit gerochen in Luft
von Tal. Dieser da von unserem Stamm. Er müssen sein Sohn von Wanka!"
Unter Trollen
"Wankas Sohn?" Prüfend nahm Radak einen
kräftigen Atemzug durch seine breite Trollnase, schnüffelte ein wenig, und stand
einen Moment mit geschlossenen Augen, als versuche er sich an etwas zu erinnern,
was viele, viele Jahre zurücklag. Das Gemurmel der anderen Trolle verstummte,
alle blickten auf ihren geschlagenen Anführer. "Ja", sagte er langsam, "Das
Wind von unser Sippe! Radak sich erinnern an Wanka. Sie war Schwester von Radak.
Du wirklich ihr Sohn!" Langsam begriff er die Bedeutung dieser Erkenntnis
und ein breites Trollgrinsen zog über sein Gesicht: "Du seien Neffe von
Radak!", rief er freudig aus, "Kein Wunder, das Sohn von Wanka verhauen Radak!
Früher Wanka auch immer verhauen Radak, bevor verschwunden im Weichhautland. Ha!
Wankas Sohn zurück jetzt. Das gute Sache, sehr gute Sache! Laßt uns ins Dorf
gehen und feiern!" Die Trolle jubelten begeistert, für ein Fest sind
Wildtrolle immer zu haben. Leider mußten sie sich jetzt ein anderes Abendessen
suchen, da Lancelot nicht nur gegen ihren Anführer gewonnen, sondern sich auch
noch als Verwandter herausgestellt hatte - dadurch waren er und seine Gefährten
natürlich von der Speisekarte gestrichen. Einige ältere, umfangreiche
Trolldamen, die schon begehrliche Blicke auf den zarten Luka geworfen hatten,
schauten enttäuscht drein, aber die jungen Trolle schwärmten bereits aus, um
frisches Wild zu jagen, während sich Trolle und Menschen auf den Weg ins
nahegelegene Dorf am Flußufer machten. Radak freute sich wirklich, seinen
verschollenen Neffen wiederzufinden, aber er freute sich fast noch mehr darüber,
dass durch diese überraschende Wendung niemand mehr ein Wort über seine
Niederlage verlor. Vielleicht konnte er doch noch Anführer der Wildtrolle
bleiben? Zumindest sah es nicht so aus, als würde ihm sein junger Neffe diesen
Posten streitig machen. "Sag mir, Neffe", und er legte Lancelot
kameradschaftlich den Arm um die Schulter, "Warum du überhaupt lebendig? Damals
wir fanden Wanka, mitten in Weichhautland, mit bösem Loch in Rücken von spitzen
Stahlteil.... lag schon viele Tage dort, puh - hat so gestunken, das Gras welk
und Vögel tot um sie herum. Kleiner Schreihals von Wanka war weg, Radak glauben
immer, das Wolf gefressen!" Cedric und Ryan, die jedes Wort hören konnten,
schauten sich bedeutungsvoll an. Jetzt bloß nichts Verkehrtes sagen. Selbst
Lancelot wußte nichts Genaues über das Ableben seiner Mutter, und auch Radak
durfte nicht die ganze Wahrheit erfahren! "Radak, dazu kann ich nicht viel
sagen, ich war noch sehr klein", erklärte Lancelot, immer noch etwas verwundert
über die plötzliche Freundlichkeit des großen Trolls: "Diese beiden da", er
wies auf Cedric und Ryan, "haben mich da gefunden und Cedric hat mich
aufgezogen!" "Wirklich?" Für den Blick, den Radak den Waffenmeistern zuwarf,
wäre das Wort Mißtrauen eine glatte Untertreibung: "Ihr nehmen einfach
Trollkind? Und über Wanka nichts wissen?" "Nun....",begann Cedric, "Der
Kleine war ja ganz allein. Da war ja sonst niemand." "Ja, niemand sonst",
echote Ryan, "Und er hat geschrien wie am Spieß!" "Da waren auch Wölfe in
der Nähe", sagte Cedric ernst. "Ja, ganz böse Wölfe!“ ergänzte
Ryan sofort, "Die wollten den armen Kleinen glatt fressen, da mußten wir ihn
doch mitnehmen!" Er bemühte um einen unschuldigen Gesichtsausdruck.
Lancelots Onkel taxierte ihn von oben und unten und sagte dann langsam und
bedächtig: "Ihr wirklich gutes Herz haben, Weichhaut!" doch am Unterton
seiner Stimme hörte Ryan deutlich, dass ihnen der Wildtroll nicht so recht
glaubte. Im Trolldorf begannen die Vorbereitung für ein Festmahl. Die jungen
Krieger hatten Berglöwen, Malmer und Hügelkatzen erlegt, die Tiere wurden
gehäutet und zerlegt, ein paar Trolle schleiften große gußeiserne Kessel heran
und bauten Gestelle, um sie über die Lagerfeuer zu hängen. Das Fleisch wanderte
in die Kessel, seltsame Kräuter und Flüssigkeiten wurden hinzu gegossen und bald
erfüllte der Geruch nach gesottenem Fleisch den Dorfplatz. Trollkinder
quiekten und rannten zwischen den ungewohnten Gästen herum. Sie zwickten den
Menschen neugierig in die Arme, zogen den armen Bohlen am langem Bart, lachten
und furzten und hatten einen Riesenspaß, bis Radak in die Hände klatschte und
sie mit einer Handbewegung wegscheuchte. "Keine Sorge, Kinder nur neugierig.
Sonst Menschen nur so kennen...", er deutete auf einen der großen Töpfe, den ein
kräftiger Troll gerade mit mächtigen Fleischbrocken füllte. Die Albionier
dachten mit Schaudern daran, wie knapp sie selbst diesen Töpfen entronnen waren,
und Ryan klopfte Lancelot auf die Schulter: "Das hast du gut gemacht vorhin,
mein Junge!" Lancelot wandte sich an seinen Onkel, der sich zu ihnen setzte:
"Wir können nicht lange bleiben, wir müssen die Träne des Trolls finden,
bitte sag uns, wo sie ist." drängte er. "Mmmmh", brummte Radak, "Du meinen
wirklich ernst mit Trollträne? Warum so wichtig für Radaks Neffen?" "Freunde
von mir sind sehr krank. Wir glauben, das nur dieser Stein noch helfen kann!"
Wieviel durfte er Radak erzählen? Sollte er ihm sagen, dass das Schicksal
Albions an diesem Stein hing? "Freunde? Welche Freunde?" fragte Radak.
"Naja...", Lancelot druckste ein wenig herum, "Genau genommen ist es eine
Freundin.....ich muß mit diesem Stein zurückkehren, sonst wird sie sterben!"
"Hahahahaha!" Radak prustete vor Lachen, "Ha, ein Mädchen! Warum du nicht
gleich sagen? Radak verstehen! Verstehen gut!" Er schlug Lancelot so kräftig
auf die Schulter, dass dieser zusammenzuckte. "Frauen immer schuld, wenn
Männer machen gefährlich dumme Dinge, wie suchen Träne von Troll! Du mir
erzählen, wie ist sie? Ist sie schön?", und er formte mit beiden Hände in der
Luft die ausladenden und kurvenreichen Umrisse einer kräftigen Trollfrau.
Lancelot nickte begeistert. Wenigstens hatte sein Onkel den gleichen
Geschmack, was Frauen anging! "Ja, so ist sie!" und seine Augen leuchteten,
als er sich an Fialla erinnerte. Keine Stunde war seit ihrem Aufbruch
verstrichen, in der er nicht an sie gedacht hätte. Keine Stunde, in der er
vergessen hätte, warum er eigentlich hier war. "Aber Junge, Träne von Troll
machen Problem, große Problem", erklärte Radak nachdenklich. "Wieso?"
fragten Lancelot und Cedric gleichzeitig. "Weil....nunja..." Radak suchte
nach Worten. "Der Stein ganz in der Nähe, in großer Höhle" "Und? Gehen
wir und holen ihn!" rief Lancelot ungeduldig. "Na, Höhle nicht ganz leer,
leider. Dort leben Maryla!" "Maryla? Wer oder was ist das?" "Maryla sein
großes, böses Drachenweib! Haben geklaut Trollstein vor vielen hundert Jahren.
Leider nicht wollen geben zurück!" Und er zuckte hoffnungslos die Schultern.
Die Gefährten schauten sich entgeistert an. Ein Drache! Eines der
gefährlichsten, bösartigsten und ältesten Geschöpfe Camelots. Zu Recht
gefürchtet, und nur in härtesten Schlachten zu besiegen. Was konnten sie schon
ausrichten gegen einen Drachen? "Verflucht! Wir sind doch so nahe dran!"
Verzweifelt rang Cedric die Hände, "Wir müssen es versuchen, es gibt wohl keine
Wahl. Radak, zeigt uns morgen früh den Weg zur Drachenhöhle!" "Ha, können
zeigen, ja!" antwortete Radak, "Aber was wollen tun dort, he? Radak dort
gewesen, vor vielen, vielen Wintern, mit besten Kriegern, vier mal soviel wie
Finger an beiden Händen. Wollten unser Eigentum zurück. Radak kämpfen, ja, aber
war sehr schwierig!" Das Fleisch wurde aufgetragen. Lancelot und sein Onkel
nahmen sich große Brocken Malmerfleisch und bissen herzhaft hinein, während das
Gespräch weiterging. Junge Trolle brachten große Krüge mit frischem Met, die von
den Gefährten freudig angenommen wurden und in der Runde kreisten. "Schaut
her!" sagte Radak, nahm einen glühenden Stab aus dem Feuer und zog ein paar
Striche auf dem lehmigen Grund. "Hier sein große Höhle, und in Höhle großer
Spalt, tief bis zum Herzen von Welt" Er zeichnete weiter, während er
erklärte: "Und von dort wir kommen",er wies auf die eine Seite vor der
Spalte, "Und dort stinkende Maryla sitzen auf großem Haufen geklauter Sachen",
dabei zeigte er auf die gegenüberliegende Seite. "Und hier...",er zog zwei
schmale Striche über die Spalt, "ist Brücke über Spalt, sehr lang, sehr schmal.
Nur ein Troll nach dem anderen kann dort gehen." Die Gefährten folgten
gespannt seinen Ausführungen, und Radak berichtete weiter: "Wir erst
versuchen mit Pfeil oder mit Zauber, doch Entfernung über Spalt zu weit. Maryla
gar nicht beachten, was wir drüben treiben. Dann wir gehen über Spalt, einer
nach dem anderen. Drachen erst nichts machen. Wir glauben schon, das Drache
nicht hören, oder vielleicht schlafen. Aber Drachen haben sehr gute Ohren, und
schlafen nie, leider. Als zwei mal zehn Trolle hintereinander auf Brücke,
Drachen einmal schauen, einmal schnauben..." Radak nahm das Holzscheit, das
noch ein wenig glühte, vor das Gesicht und pustete einmal dagegen. Sofort
loderte die Flamme hell auf und knisternd brannte das Holz herunter. "Genau
das passieren mit Trolle auf Brücke. Brennen wie Fackel, stürzen in Tiefe. Junge
Trolle, alte, viele davon aus Radaks Sippe. Aber Radak großes Glück, kommen
lebendig heraus", er machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: "Jetzt ihr
mir sagen, was können da machen? Wenn guter Einfall, dann Radak kommen mit euch.
Haben noch alte Rechnung offen mit Maryla." Schon während der Erzählung des
Trolls begann es in Cedrics Kopf zu arbeiten. Wie läßt sich ein Drache besiegen,
der außerhalb der Reichweite von Fernwaffen ist, der nur von einer Seite her
angegriffen werden kann? "Mein Langbogen reicht weiter als eure Speere und
Schleudern!",warf Luka selbstbewußt in die Runde. Radak betrachtete ihn genauer
und lächelte kalt. "Aber eure Pfeile nicht einmal jucken Maryla. Ihr zu
schwach!" "Radak hat leider recht, Luka",pflichtet Ryan dem Troll bei, "Wir
brauchen eine Fernwaffe, die zumindest ausreicht, um den Drachen von der Brücke
abzulenken" "Ablenken...eine Fernwaffe..." wiederholte Cedric
gedankenverloren. Plötzlich leuchteten seine Augen auf, er sprang in die Höhe
und rief triumphierend: "Ich hab es! Ihr sagtet, die Drachendame hat sehr
gute Ohren? Dann haben wir eine hervorragende Fernwaffe, die ihre Wirkung auch
auf einen Drachen nicht verfehlen wird!" Die anderen blickten ihn verwundert
an. Cedric schaute in die Runde, von einem zum anderen, bis sein Blick an Bohlen
hängenblieb, dem Skalden, der bislang geschwiegen hatte. Cedric machte eine
formvollendete Verbeugung und fragte: "Werter Bohlen, Skalde des Nordens,
würdet ihr auch für eine Drachendame singen?"
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