DAOC-Guide.de :: Thema anzeigen - Der Findeltroll Die Jagd beginnt

Wie lange klebten sie jetzt schon im Sattel? Es mußten viele Tage sein seit Cornwall. Cedric spürte seine Muskeln, besonders am verlängerten Rücken, und gab seiner Frau innerlich recht: Er war inzwischen zu alt für solche Abenteuer.
Jetzt waren sie wieder eine ganze Nacht durchgeritten, quer durch Uppland, und irgendwo da im Osten mußte das Svasudtor sein. Es dämmerte bereits, und in der Ferne zeigten sich die Konturen mächtiger Bergketten. Nach allem, was er wußte, gab es keinen anderen Weg nach Midgard hinein als durch dieses Tor. Hoffentlich würde es auch dort keine Schwierigkeiten geben.
Außerdem - was würde sie in Midgard erwarten? Für Cedric war Jordheim bisher nicht mehr als ein Name auf einer Karte. Er warf einen Seitenblick auf den Skalden. Vielleicht könnte der ja ein paar nützliche Kenntnisse liefern?
"Sagt mal, Bohlen, was gibt es Neues aus Jordheim? Wir haben die Stadt schon seit Monaten nicht mehr betreten."
"Oh, Jordheim, die nordische Perle Midgards! Erst in der letzten Woche habe ich dort gesungen", antwortete Bohlen begeistert,"Leider ist dort jetzt nicht die Zeit für Lieder, es gibt Vorbereitungen für den großen Aufmarsch! Sicher wißt ihr davon, es soll doch in ein paar Tagen gegen Albion gehen. Wir haben sie schließlich lange genug in Ruhe gelassen!" Bohlens Stimme vibrierte erwartungsvoll:
"Große Schlachte, tapfere Krieger...vielleicht schreibe ich ein neues Lied?"
"Das hatte uns gerade noch gefehlt!", dachte der entsetzte Cedric und schaffte es gerade noch, seinen Gedanken nicht laut auszusprechen: Ein Angriff aus Midgard! So, wie es jetzt um Albion steht, würde das Lied des Skalden zumindest sehr kurz werden!
Bohlen berichtete weiter aus Jordheim, von jeden Klatsch und Tratsch, den er aufgeschnappt hatte. Der Sänger schien genauso gerne zu reden wie zu singen, doch Cedric und die anderen hörten nicht mehr richtig hin. Nach der bestürzenden Nachricht vom Aufmarsch war jedem der Albionier klar, das ihre Mission einfach nicht scheitern durfte.
"Sagt mal, Skalde...", unterbrach Cedric den redseligen Sänger, "Habt ihr schon einmal von einem Lied über einen Trollstein gehört, den man die Träne des Trolls nennt?"
Bohlen wirkte überrascht: "Oh ja, natürlich, selbstverständlich! Eines unserer großen Lieder! Wie kann es sein, das ihr es nicht kennt? Soll ich es vortragen? Leider ist die Übersetzung in die Allgemeinsprache nicht so klangvoll wie das Original auf Trollisch"
"Nein, nein, ich kenne das Lied natürlich!", beschwichtigte Cedric, "Was ich wissen möchte ist, ob es sich nur um eine Legende handelt? Oder gibt es diesen magischen Stein tatsächlich?"
Der Skalde lächelte, senkte die Stimme und sagte geheimnisvoll:
"Ja, viele denken, es sei nur eine Legende, aber es gibt ihn vielleicht wirklich, diesen Stein."
"Wißt ihr etwas darüber?" Cedric konnte die Anspannung kaum verbergen, auch Lancelot, Ryan und Luka ritten heran, um jedes Wort mitzubekommen. Es schien doch ein günstige Fügung des Schicksals zu sein, die sie zu dem Skalden geführt hatte.
"Ja, kann sein, daß ich etwas mehr als andere", flüstere der Skalde geheimnisvoll und machte genußvoll eine längere Pause. Alle hingen an seine Lippen, und daran fand er offensichtlich großes Gefallen.
"Erzählt schon!", drängte Ryan.
"Nun ja, vor ein paar Jahren gab es ein paar Krieger, die den Stein finden wollten. Junge, tapfere, vielleicht etwas unvorsichtige Nordleute. Sie hatten Hinweise auf den Ort in alten Schriften entdeckt. Eine Zeit lang bin ich mit ihnen geritten. Sie glaubten, der Stein sei bei den Wildtrollen oben in Muspelheim. Gar nicht so weit weg vom Svasudtor."
"Und dann....?"
"Bis dorthin begleitete ich sie. Die Wildtrolle mögen keine Menschen, sie mögen überhaupt keine Fremden. Jeder weiß das doch in Midgard, und kein Nordmann reitet dorthin. Aber sie haben es trotzdem gewagt, den geheimen Eingang in der Schlucht gefunden und dann...". Bohlen seufzte einmal tief, " ..dann sind sie hindurchgeritten, gegen meinen Rat! Die Gier nach Ruhm und Macht hat sie verblendet. Damals wartete ich viele Tage in der Schlucht, aber keiner kehrte zurück. Kein einziger!"
Das klang nicht gut, überhaupt nicht gut, fand Ryan. Aber immerhin, jetzt gab es zumindest diesen kleinen Hinweis, wo sie mit der Suche beginnen konnten.
"Würdet ihr den Ort wiederfinden?", fragte er Bohlen.
"Ja, wahrscheinlich. Aber warum sollte ich?"
Auf diese Frage erhielt Bohlen keine Antwort mehr, da bereits das Svasudtor vor ihnen auftauchte. Es nähert sich rasch, und bereits aus der Ferne war es nicht minder beeindruckend anzusehen als die albionischen Tore von Sauvage oder Snowdonia. Meterhohe, mächtige Holzflügel versperrten den Weg durch das Tal, dahinter vermutete Cedric starke Befestigungsanlagen und ein zweites Tor.
"Laßt mich reden!", rief er seinen Gefährten zu, als sie von den Pferden sprangen.
Der Eingang war offen.
Im großen Innenhof entdeckten sie Krieger der verschieden Midgardrassen. Manche der Trolle, Zwerge und Kobolde standen gelangweilt herum, andere liefen quer über den Hof. Es mochten vielleicht zwei Dutzend sein.
Betont gleichgültig und scheinbar uninteressiert führten die Gefährten ihre Pferde langsam in Richtung Innentor. Aber allen schlug das Herz bis zum Hals, bis auf Bohlen, der nichts Böses ahnte.
Ein lauter Ruf dröhnte über den Hof:
"Stehenbleiben, hier warten, sonst Ärger!"
Die Stimme gehörte einem der Wächter, einem Troll, der breitbeinig direkt vor dem Innentor stand. Mißtrauisch beäugte der kräftige Aufpasser diese ungewöhnliche Gruppe. Seine Keule war sogar noch größer als die von Lancelot, wie der junge Troll etwas neidisch bemerkte. Jetzt zog der Wächter diese mächtige Waffe und hielt sie kampfbereit in der Hand. Zwei dieser Männer kamen ihm einfach merkwürdig vor, und auch die Pferde - Solche Tiere hatte er hier noch nie gesehen, besonders das komische Pony, welches der große Troll am Zügel führte.

"Wir sind auf dem Weg nach Jordheim, einen Gefangenen ausliefern. Laßt uns vorbei, bei Odin und Thor!", rief Cedric laut in der Hoffnung, dass es selbstbewußt und überzeugend klang.
"Mmmmh!", brummte der Wächter wenig beeindruckt, "Gefangener? Du meinen Männchen da?"
Er wies auf Luka.
"Genau! Es ist ein Geheimauftrag. Du verstehen? Schnell Tor aufmachen!"
"Tonka verstehen gut. Doch Tonka dich nicht kennen. Nix wissen von geheimen Auftrag. Du mir sagen, wer euer Hauptmann in Jordheim!"
Hauptmann? Verflucht! Dieser Troll war nicht dumm, und Cedric durfte jetzt keinen Fehler machen. Hier konnte nur noch Dreistigkeit helfen.
"Wenn ich dir sagen, wer mein Hauptmann, dann nix mehr geheim, Tonka verstehen?"
Tonka warf ein langen, abschätzenden Blick auf Cedric.
"Vielleicht...",begann er: "Rulf in Jordheim dein Hauptmann?", fragte er nach etwas längerer Überlegung. Cedric witterte seine Chance.
"Aber nicht verraten...", flüsterte er Tonka zu, "Ja...Rulf hat mich geschickt!"
Das Gesicht des Trolls verzog sich zu einem breiten Grinsen.
"Du hier warten kleinen Moment", und er ging schnell zu einer Gruppe anderer Wächter im Hof.
Erleichtert atmete Cedric auf, da tippte ihn Bohlen an die Schulter:
"Äh....ich weiß zwar nicht worum es geht, aber ist Hauptmann Rulf nicht schon seit Jahren in Rente?"
"Verdammte Sch...", entfuhr es Cedric, und nun geschahen mehrere Dinge gleichzeitig:
Tonka lief mit einer brüllenden Horde Wächter in ihre Richtung, Lancelot wuchtete geistesgegenwärtig den Holzriegel aus dem Innentor und stemmte sich mit ganzer Kraft gegen einen Torflügel, während Ryan brüllte:
"Auf die Pferde und weg hier! Reitet! Reitet um euer Leben!"
Sie sprangen auf, und als die ersten Wachen die Gruppe fast erreicht hatten, reichte der offene Spalt gerade aus, um schnell in Richtung Mularntal zu fliehen. Bohlen, der die ganze Aufregung nicht ganz verstand, schloß sich den flüchtenden Gefährten an. Sie gaben ihren Tieren die Sporen und jagten im schnellsten Galopp davon. Die Hufe ihrer Pferde trommelten über die staubige Straße. Hinter ihnen hörten sie ohrenbetäubendes Geschrei, wuchtige Nordlandhörner erklangen, und die ersten Pfeile sirrten gefährlich nah an ihnen vorbei.
Sie nahmen sich nicht die Zeit, sich umzuschauen. Die Verfolgung würde sofort beginnen. Und welche Chancen hatten sie hier, in Feindesland, mit Dutzenden von wutschnaubenden Midgardkriegern hinter sich? Ihre Lage war völlig verzweifelt.
Durch den Lärm und den Staub rief der aufgeregte Skalde:
"Was soll das denn? Warum schießen die auf uns? Das ist doch alles ein Mißverständnis! Die tun ja so, als wärt ihr albionische Spione!"
Ryan lachte hart und trocken und er schrie zurück:
"Bohlen, um es kurz zu machen, wir sind albionische Spione!" Der entsetzte Skalde zügelte sein Pferd und wollte wenden, da riß Ryan ihm kurz entschlossen die Zügel aus der Hand und zog Bohlens Pferd samt Reiter hinter der Gruppe her:
"Macht keinen Unsinn, Mann! Die werden euch erst erschießen und dann fragen, was ihr bei uns verloren hattet!"
Wie zur Bestätigung zischte ein wohlgezielter Pfeil haarscharf an Bohlens Kopf vorbei. Da endlich begriff der Skalde den Ernst der Lage und versuchte so schnell wie möglich Anschluß an Cedric, Lancelot und Luka zu finden.
Die drei bogen in diesem Moment nach Osten ab und preschten nun am Fuße der Bergkette durch das raue Hügelland. Obwohl sie ausgezeichnete Pferde hatten, wurde das Kriegsgeschrei hinter ihnen wurde kaum leiser. Es hörte sich an, als sei eine ganze Armee hinter ihnen her, wild entschlossen, die frechen Eindringlinge zur Strecke zu bringen.
Ryan und Bohlen gelang es, zu den anderen aufzuschließen. Cedric wandte sich zum Skalden und brüllte:
"Ihr sagtet, ihr könnt die Wildtrolle wiederfinden?"
"Ja, wahrscheinlich!", rief dieser, "Aber es ist schon viel Jahre her..."
"Dann grabt es aus eurem Gedächtnis, und zwar schnell!" schrie Cedric durch den Lärm hindurch, "Sonst sind wir gleich alle tot!"


Die verborgene Höhle

Sie trieben ihre Pferde weiter an, hinter sich die schreiende Horde Midgardkrieger, und obwohl den Reittieren schon der Schaum vor dem Maul stand, der Abstand zu den Verfolgern wurde kaum geringer. Jetzt rächte es sich, dass sie ihre Pferde viele Tage lang zu Höchstleistungen getrieben hatten, denn gegen die frischen Tiere der Midgarder würden sie auf Dauer keine Chance haben.
Cedric hoffte verzweifelt, der Sänger Bohlen würde sie rechtzeitig genug zu diesen legendären Wildtrollen führen. Was sie dort erwartete, wußte er nicht genau, aber hinter ihnen ritt der sichere Tod. Zu ihrer linken Seite sahen sie Fort Veldon vorbeifliegen und jagten weiter Richtung Osten. Kahle Hügel erstreckten sich links und rechts des Weges, am östlichen Horizont erschien ein fernes, rotes Leuchten wie der Widerschein von tausend Lagerfeuern.
Sie preschten durch einen Talgrund, der von einer hohen steinernen Brücke überspannt wurde. Bohlen, der an der Spitze der Gruppe ritt, wandte sich zu seinen Gefährten um und rief:
"Hier beginnt Muspelheim, es ist nicht mehr weit!"
Für Bohlen war es immer noch unfaßbar, daß sich seine Reisebegleiter als albionische Spione entpuppt hatten. Aber er mußte Ryan recht geben: Jetzt war es ihm nicht mehr möglich, sich von ihnen zu trennen, die wütende Meute hinter ihnen würde ihm kaum Gelegenheit für Erklärungen geben. Und es wäre doch tragisch, wenn ein begnadeter Sänger wie er durch so ein dummes Mißverständnis zu Tode kommen würde! Also wollte er genau wie Cedric möglichst schnell der direkten Gefahr entgehen, und obwohl er ein ganz, ganz schlechtes Gefühl hatte, was diese Trolle anging, so sah er darin ihre einzige, verzweifelte Hoffnung, nicht sofort zu sterben.
Bohlen erinnerte sich gut an jenes Tal, an dem er damals so viele Tage vergeblich auf die abenteuerlustigen jungen Krieger gewartet hatte. Nur noch wenige Minuten, hoffentlich halten die Pferde durch, dann könnte es wirklich klappen! raste es ihm durch den Kopf, während der Lärm der Verfolger immer näher zu kommen schien.
Vor ihnen lagen die unüberwindbar scheinenden Gipfel der nördlichen Bergkette in Muspelheim. Bohlen hielt direkt auf ein enges Tal zu, und die anderen folgten ohne nachzudenken.
"Da gibt es ja gar keinen Ausgang!", schrie Luka erschrocken, als sie innerhalb des Tales waren. Tatsächlich erhob sich vor ihnen nur eine kahle, graue, steil ansteigende Wand. Hatte sie der nordische Skalde in eine Falle gelockt?
Bohlen antwortete nicht, sprang vom erschöpften Pferd, rannte zu dem kahlen Berghang und schob mit aller Kraft einen etwas sonderbar geformten Felsblock zur Seite. Es rumpelte und donnerte heftig, ein danebenliegender, größerer Felsen schob sich wie von magischer Hand bewegt zur Seite und gab den Blick frei auf einen tiefschwarzen, engen Eingang.
"Ein geheimer Weg!", rief Lancelot, und sie verloren keine Sekunde, sprangen aus den Sätteln und führten ihre Tiere schnell am Zügel in das dunkle schwarze Loch, das unerwartet Sicherheit und Hoffnung bedeutete. Kaum war Lancelot mit Stoppel als letzter im Dunkel verschwunden, betätigte Bohlen von innen einen ähnlichen Mechanismus, der den Felsblock wieder in seine ursprüngliche Position rutschen ließ. Das letzte Licht verlosch in der Höhle, es wurde pechschwarz um die Gefährten.
"Wo sind wir hier?",flüsterte Luka ängstlich.

Tonka ritt mit seinen Leuten in das enge Tal, in das die Albionier abgebogen waren. Gleich würde er sie haben, und dann würde er dieses grauhaarige Großmaul und seine Kumpanen eigenhändig auseinandernehmen! So eine Unverschämheit, während seiner Wache einfach so ins Mularntal hineinzureiten. Na, er würde dafür sorgen, das ihnen diese Frechheit noch sehr leid tun würde. Hier in den engen Tälern gab es kein Entkommen mehr! "Gleich sitzen sie wie Ratten in der Falle", dachte er in grimmiger Vorfreude, "und dann gibt es Arbeit für meine Keule!" Er blickte nach Osten zu dem Berghang, wo er die Feinde erwartete, doch außer ein paar grauen Felsen war dort - nichts!
"WO SIND SIE HIN?", brüllte er wutentbrannt.
"Zauberei....böse Magie...", hörte er einen kleinen Zwerg neben sich erschrocken murmeln. Sofort verpasste ihm Tonka einen gezielten Faustschlag, der den Kleinen aus dem Sattel fegte.
"SCHNAUZE! Nix Magie! Tonka nicht glauben Magie, verstanden! Albionische Drecksäcke hier verstecken, und ihr alle jetzt suchen. Los, los, runter von Pferd oder ich euch helfen!"
Eingeschüchtert vom Schicksal des armen Zwergs beeilten sich Tonkas Männer und Frauen, aus den Sätteln zu kommen und schwärmten in alle Himmelsrichtungen aus. Auch wenn die meisten ebenfalls überzeugt waren, die Feinde hätte sich auf magische Weise verflüchtigt - niemand wollte deshalb einen Streit mit einem übel gelaunten Tonka anfangen.

Ein leises Zischen war zu hören, als Bohlen eine Fackel aus seinem Gepäck entzündete. Endlich konnten die Flüchtlinge etwas von ihrer Umgebung erkennen. Sie befanden sich in einer engen, feuchten Höhle, die nur dann genügend Platz bot, wenn sie mit ihren Tieren hintereinander liefen. Das Ende der Höhle verlor sich trotz des Feuerscheins im Dunkeln. Bohlen deutete in das lichtlose Unbekannte.
"Da gehts zu den Trollen! Aber ich weiß nicht, wie weit es ist. Weiter als hier war ich noch nie!"
"Dann geht vor, Skalde! Sicher geben die Midgarder nicht so schnell auf. Früher oder später werden sie den Eingang entdecken, wenn sie etwas suchen!"
Aus Cedrics Stimme sprach die Sorge, der Gefahr noch längst nicht entronnen zu sein.
"Ja, außerdem habe ich nur diese eine Fackel und sie wird wohl nicht lange reichen", ergänzte Bohlen und schritt mit seinem Pferd voran in die Dunkelheit. Cedric und Ryan folgten ihm, Luka und Lancelot bildeten das Ende des Zuges.
In der Höhle war es deutlich kühler als draußen und die Luft schmeckte nach Moder und Fäulnis, als wenn hier seit vielen Jahren kein frischer Wind durchgezogen wäre. Die tropfende Feuchtigkeit von der niedrigen Steindecke und der glitschige, matschige Untergrund verstärkten das ungute Gefühl unter den Mitgliedern der Gruppe. Jeder wollte nur so schnell wie möglich aus dieser ekelhaften Höhle heraus. Und so tasteten und schlichen sie schweigend durch das Halbdunkel, nur hin und wieder durchbrach das ängstliche Wiehern eines Pferdes die Stille.
Es schien endlos lange zu dauern, bis sich ein Lichtschein erkennen ließ. Es war Tageslicht, und Bohlen löschte die fast heruntergebrannte Fackel. Er erreichte als erster den Ausgang, die anderen folgten, sogen die frische Luft ein wie Verdurstende das Wasser und schauten sich überrascht um.

Vor ihnen erstreckte sich ein weiteres Tal, das nach allen Seiten durch schroffe Berghänge abgeschlossen war. Einen weiteren Eingang als diese Höhle konnten sie nicht erkennen. Im Vergleich zu der anderen Landschaft in Muspelheim war diese versteckte Ecke sogar idyllisch zu nennen, Wälder säumten die Hänge und durch den Talgrund schlängelte sich ein Fluß.
"Ich sehe da unten Rauchschwaden", rief der scharfäugige Ryan und deutete auf eine Stelle nahe dem Flußbett.
Alle blickten in diese Richtung und so bemerkten sie nicht die Bewegungen hinter ihnen und im Gebüsch um sie herum. Plötzlich schreckte sie eine tiefe, brummende Stimme auf:
"Guten Tag! Ihr kommen zum Abendessen?"
Sofort drehten sie sich um und erschraken. Rechts und links des Höhleneingangs standen gut zwei Dutzend mächtige Trolle, bewaffnet mit schweren Keulen oder Hämmern. Sie waren nicht so gut gerüstet wie die Trolle Midgards, doch ein Blick auf die muskelbepackten Körper überzeugte Cedric schnell, das jeder Widerstand zwecklos war. Jetzt hörten sie auch neben sich Geräusche, auch von dort hatten sich Wildtrolle herangeschlichen.
Sie waren umzingelt.
Der große Troll, der sie angesprochen hatte, ließ seine furchterregend große Keule bedächtigt von einer Hand in die andere schwingen. Sein Blick auf die Eingeschlossenen erinnerte Cedric genau an die Art, wie Lancelot einen Bären betrachtet, bevor er ihn zum Abendesser erlegt. Die Trolle schlossen den Kreis enger. Lancelot ließ ein tiefes Knurren vernehmen und zog seinerseits die Keule, den Anführer der Trolle fest im Blick, und auch Luka, Ryan und Bohlen griffen nach ihren Waffen. Doch angesichts dieser Übermacht wäre jeder Kampf in Sekunden entschieden. Cedric flüsterte:
"So einen Kampf überleben wir nicht, laßt mich verhandeln", und wandte sich mit ausgesuchter Freundlichkeit an den Anführer:
"Gegen eine Einladung zum Abendessen haben wir nichts einzuwenden!"
Der Troll grinstet:
"Du nicht verstehen, Weichhaut", sein Grinsen wurde noch breiter, "Ihr seien das Abendessen!"
Um sie herum ertönte das tiefe, glucksende Gelächter seiner Leute, die noch dichter an ihre Opfer heranrückten.
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