Eine zauberhafte Begegnung
Ihre Laufbahn als Zauberin würde wohl hier
enden, erkannte Fialla nüchtern. Dennoch dachte sie keine Sekunde ans Aufgeben,
sondern prügelte wütend mit ihrem knorrigen Eichenstab weiter auf die bösartigen
alten Buchen ein. Drei dieser mordgierigen Baumungeheuer umringten die junge
Frau, kräftige Zweige und Äste grapschten nach ihrer einzigen Waffe und
peitschten auf sie ein, es war völlig unmöglich, gleichzeitig alle diese
pfeilschnellen Attacken abzuwehren. Größer als ihre Angst war der Ärger über die
eigene Dummheit. Warum nur hatte sie die Warnungen der erfahrenen Kämpfer außer
Acht gelassen? Vielleicht, weil der Wald anfangs so friedlich wirkte,
vielleicht, weil sie dem Wunsch nicht widerstehen konnte, eines dieser kleinen
Wildschweinchen zu fangen und am als Spanferkel zu braten? Leider war es immer
wieder ihr gesunder Appetit, der sie in Schwierigkeiten brachte, und diesmal
sollte es wohl das letzte Mal so sein. „Aber diesen verfluchten
Biester werde ich es so schwer wie möglich machen“, schwor sie sich,
fluchte ausgiebig und kämpfte entschlossen weiter. "Weg da, du Miststück,
laß meinen Stab los!", fauchte sie die nächste Buche an, deren Äste ihr die
einzige Waffe zu entreißen drohten. Eine Wurzelranke schlang sich um ihr
Fußgelenk, voller Wut stieß Fialla ihren Zauberinnenstab mit Wucht auf das
widerwärtige Pflanzenteil, die Ranke zuckte und glitt zurück, aber ihr Stab
zersplitterte in zwei Teile. "Egal jetzt!", dachte sie, nahm eines der
Bruchstücke wie einen Knüppel in die Hand und schlug in schnellem Takt auf die
nächstbeste Buche ein. Äste und kleinere Zweige brachen. Wäre sie nicht dem
Zauberorden beigetreten, dann hätte sie den Weg der Krieger beschritten, an
Kraft mangelte es Fialla nicht. Trotzdem, die Lage war mehr als aussichtslos,
die Gegenwehr der Zauberin versetzte die attackierenden Buchen nur noch mehr in
Rage. Fialla atmete schwer vor Anstrengung, die Stärke ihrer Arme erlahmte, und
mit schwindender Kraft schrie sie um noch Hilfe. Hier noch ein Schlag, dort noch
einer, aber gleich würde sie zusammenbrechen, die Knie zitterten bereits. Schon
drohte ihr schwarz vor Augen zu werden, als sie ein lautes Knacken und Rascheln
hörte. Ein großer schwarzer Schatten flog an ihr vorbei, und eine laute Stimme
rief: "Attacke!" Sicher träume ich das nur, war ihr letzter Gedanke, bevor
sie das Bewußtsein verlor. Im Jenseits riecht es also nach Lagerfeuer? Nach
knisternden, gemütlichem... Buchenholz? Fialla zwang sich, die Augen zu öffnen.
Wo bin ich hier, was ist das hier? Die Benommenheit schwand langsam, ihre
Verwunderung nicht: Sie war nicht im Jenseits erwacht, sondern befand sich immer
noch am Schauplatz ihres Kampfes. Doch von den Buchen war nichts mehr zu sehen.
Aber vor ihr flackerte wirklich ein kleines Feuer - die prasselnden Äste darin
erinnerten sie stark an jene, die sie vorher verbissen aber wenig erfolgreich
abzuwehren versuchte. Sie fühlte eine warme und weiche Decke auf ihrem Körper.
Was bedeutete das alles? Unter Schmerzen hob sie den Kopf und sah sich um.
"Hoffentlich geht es euch wieder gut?", hörte sie eine tiefe Stimme sagen
und vor ihr tauchte ein großer, schwarzgerüsteter Krieger von hünenhafter
Gestalt auf. Leider verbarg ein Helm seine Gesichtszüge, Fialla erkannte nur ein
paar dunkelbraune Augen, die besorgt auf die am Boden liegende Zauberin
blickten. Das muß doch ein Traum sein, dachte sie. "Laßt mich euch zu
meinen Gefährten bringen, hier scheint es mir zu unsicher für eine junge
Zauberin", sprach der geheimnisvolle Fremde. Stöhnend versuchte Fialla
aufzustehen, doch der schwarze Ritter winkte ab, beugte sich nieder und nahm sie
zu seiner Überraschung einfach auf seine kräftigen Arme, als wäre sie leicht wie
eine Windelfe. Das war Fialla noch nie passiert, denn sie war selbst für eine
Highlanderin - nun sagen wir mal - außergewöhnlich kräftig gebaut, und keinem
Mann war es je gelungen, sie länger als drei Sekunden auf den Armen zu halten.
Ihrem Retter schien das Gewicht allerdings nichts auszumachen, mit
schnellen, sicherem Schritt trug er sie aus dem Wald hinaus, zu einem nahen
Lagerplatz, an dem zwei ältere Krieger saßen, Waffenmeister, wie Fialla unschwer
erkannte. Sie stellten sich ihr als Cedric und Ryan vor. "Und wie lautet der
Name meines mutigen Retters?", wollte sie wissen, kaum sie sich selber
vorgestellt hatte. "Den vermag ich euch nicht zu nennen, edle Dame!",
antworte dieser,"Ein Schwur zwingt mich zur Geheimhaltung." Ebenso höflich und
bestimmt verneinte er die Frage, ob er nicht seinen Helm abnehmen könne. Fialla
hätte viel dafür gegeben, das Gesicht zu sehen, zu dem die schönen braunen Augen
gehörten, genau genommen starb sie fast vor Neugier, aber sie wollte nicht
aufdringlich oder unhöflich zu dem mutigen Kämpfer sein. Dann fiel ihr Blick auf
die drei kleinen Wildschweinferkel, die ausgenommen neben dem Feuer lagen und
ihr Magen knurrte ungebührlich laut. "Erlaubt wenigstens, das ich euch bei
der Zubereitung des Abendessens zur Hand gehe?", fragte sie. Es ging ihr bereits
deutlich besser, und schließlich hatte sie sich bereits gut überlegt, wie man
aus diesen kleinen Schweinchen eine schmackhafte Mahlzeit zaubert. Ohne eine
Antwort abzuwarten, machte sie sich an die Arbeit. "Was führt eine so junge
Zauberin eigentlich in das gefährliche Cornwall?", wollte Cedric von ihr wissen.
"Ach, meine Ausbilder haben mir einen Auftrag gegeben, ich sollte einen
Brief abholen und schnell zurück nach Camelot. Gerade war ich auf dem Weg zurück
zur Station, als mich diese furchtbaren Buchen im Wald erwischten!" "Was für
ein Brief?" "Den Inhalt kenne ich nicht, doch es scheint um eine wichtige
Sache zu gehen. In Camelot warten sie ganz ungeduldig auf diese Nachricht, und
... Oje!", sie erschrak und hielt sich die Hand vor den Mund, errötete und fuhr
kleinlaut fort, "...und eigentlich darf ich auch mit niemanden darüber
sprechen!" "Habt keine Sorge!", lachte Cedric,"Euer Geheimnis ist bei uns
sicher und wir werden euch nicht verraten. Es gibt einige Dinge, die die hohen
Herrschaften in Camelot gar nicht wissen müssen" Dabei warf er einen
schnellen Blick auf den schwarzen Ritter, der wortkarg am Feuer saß. Die
gebratenen Wildschweine schmeckten köstlich, aber zu Fiallas Bedauern weigerte
sich der schwarze Ritter, davon zu kosten, denn dann hätte er ja seinen Helm
abnehmen müssen. Sie aß mit großem Appetit, zum Erstaunen der beiden
Waffenmeister verschwand etwa ein ganzes Bratferkel im Bauch der Zauberin.
"Leider muß ich mich nun von euch verabschieden, Ihr wißt, mein Auftrag
duldet keinen unnötigen Aufschub!" Es schien Bedauern aus ihrer Stimme zu
sprechen, und sie warf ihrem Retter einen langen Blick zu. Es war doch einfach
zu ärgerlich, das sie ihn jetzt verlassen mußte. Ob sie es wagen konnte, eine
Einladung auszusprechen? Sie nahm ihren Mut zusammen: "Besonders hoffe ich,
euch eines Tages wiederzusehen. Versprecht mir bitte, mich in Camelot zu
besuchen, sobald ihr euren Schwur erfüllt habt!" Der schwarze Ritter erhob
sich und verbeugte sich vor Fialla. Einen Augenblick schien er zu zögern und
nicht zu wissen, was er sagen sollte. Dann sprach er: "Es wird mir eine
Freude und große Ehre sein. Verzeiht, das ich euch nicht selber nach Camelot
bringen kann, aber ich werde mich immer an Eure Schönheit und eure Anmut
erinnern und freue mich auf ein mit Wiedersehen in Camelot." Jetzt war es
Fialla, die nichts mehr zu sagen wußte. Glücklicherweise erkannten die Männer im
Abenddunkel nicht, wie sich ihr Gesicht knallrot verfärbte. "Nun ja, äh...
danke ...für alles"", stammelte sie,"ich muß jetzt gehen!", und entfernte sich
schnellen Schrittes in Richtung Cornwall. Als sie die Station fast erreicht
hatte, schaute sie sich um und sah nur noch das weit entfernte Glimmen des
Feuerscheins. Fialla seufzte und dachte an den schwarzen Ritter, an seine großen
braunen Augen, erinnerte sich, wie leicht er sie auf Händen getragen hatte. Den
ganzen Rückweg ging er ihr nicht mehr aus dem Kopf, obwohl sie doch an
wichtigere Dinge zu denken hatte, ärgerte sie sich. Er war höflich zu ihr
gewesen, ja, aber sagten nicht alle Männer Camelots höfliche Dinge zu einer Dame
und meinen oft in Wirklichkeit das Gegenteil? Schließlich schaute Fialla ab und
zu mit aufrichtigem Blick in den Spiegel: Schönheit und Anmut? Ausgerechnet bei
ihr, Fialla? "Eher unwahrscheinlich", entschied sie schnell. Dennoch - hatte es
nicht so ehrlich geklungen, als er sich verabschiedete? Und es überraschte
Fialla, wie stark sie sich wünschte, daß er es so meinte wie er es sagte.
"Sag mal, Lancelot, hast du da eben nicht etwas dick aufgetragen?",
flüsterte Ryan, als Fialla außer Hörweite war. Der Troll drehte sich ihm zu,
nahm den Helm ab und schaute den alten Waffenmeister verständnislos an: "Wie
meinst du das?"; fragte er, setzte sich an das Feuer und machte sich über das
verbleibende Wildschwein her. "Naja, das ganze Süßholzgeraspel da gerade!
Man könnte fast meinen, du meinst das ernst! Eure Schönheit und euren Anmut....,
flötete Ryan betont übertrieben,";Mensch Junge, hast du keine Augen im Kopf? Die
Lady mag zwar nett sein, aber sie ist fett wie ein gemästetes Highlandschwein!"
Lancelot schaute Ryan böse an. Was wußte der schon? Jawohl, er hatte Fialla
gesehen, und er hatte etwas ganz Anderes gesehen als Ryan. Lancelot bewunderte
ihre schönen, ausladenden Formen, alles schien ihm weich und wunderbar warm an
dieser Frau, auch die langen dunklen Haare, die Fialla offen bis zur Hüfte trug,
und die dunklen, tiefschwarzen Augen, die im Kampf vor Entschlossenheit funkeln
konnte, wie er es im Wald beobachtet hatte. Wer von beiden hatte keine Augen im
Kopf, er oder Ryan? Ja, Fialla war nicht so wie die anderen Frauen, und gerade
das gefiel ihm. "Du hast keine Ahnung!" blaffte er den Waffenmeister
zwischen zwei Bissen an: "Sie ist wunderschön! Und sie kann ausgezeichnet
kochen! Und er hoffte wirklich sehr, Fialla wiederzusehen, doch das behielt
er für sich.
Rückkehr nach Camelot
In den folgenden
Wochen zogen die Gefährten noch weiter nach Westen, tief hinein in das wilde und
gefährliche Lyonesse. Gemeinsam jagten sie Dunters, Goblins oder die
gefürchteten riesigen Telamons. Lancelots Fähigkeiten waren denen seiner beiden
Lehrmeistern inzwischen mindestens ebenbürtig, seine Hilfe unverzichtbar in den
gefährlichen Kämpfen. Doch manchmal schien er sich dieser Verantwortung nicht
ganz bewußt zu sein. Auch heute lag er rücklings im Gras und beobachtete die
vorüberziehenden Wolken am Himmel. Warum erinnerte ihn dieses eine, rundliche
Wölkchen so sehr an die Figur einer ganz bestimmten Lady? Und dort, die daneben
- darin war doch ganz deutlich Fiallas Gesicht zu erkennen! ""Lancelot, du
fauler Sack, verflucht noch mal, komm endlich und hilf uns!", brüllte Ryan
verärgert und riß den Troll unsanft aus seinen Tagträumen. Er und Cedric
schlugen sich gerade mit einem besonders widerstandsfähigem Telamon herum, das
schattenhafte Untier wehrte sich nach Kräften und brachte den beiden
Waffenmeistern üble Verletzungen bei. Lancelot sprang auf, nahm seine Keule und
klärte die Angelegenheit wie beiläufig mit ein paar Keulenschlägen. Erschöpft
fielen Cedric und Ryan ins Gras. "Junge, so geht das nicht!", brummte Cedric
unzufrieden, während er mit stinkender Salbe die Kratzer an Armen und Beinen
verarztete: "Hier in Lyonesse darfst du dir keine Unaufmerksamkeiten
erlauben! Wer zu spät zuschlägt, stirbt zu früh, merk dir das!" "Ja,ja. Du
hast ja recht!", murmelte der Troll geistesabwesend. "Es ist zwecklos,
Cedric", erklärte Ryan trocken, ";Lancelot hat im Moment andere Sachen im Kopf.
Oder sollte ich sagen....andere Personen? Hab ich recht, Junge?" "Pah!",
erwiderte der Troll schnell. War er Ryan eine Antwort schuldig? Doch bevor er
etwas erklären mußte, rief Cedric: "Helm auf, Lancelot! Da hinten kommt ein
Reiter!"
Im Osten war eine dünne Staubfahne zu erkennen, wie von einem
schnell galoppierenden Pferd. Der Ankömmling näherte sich rasch, im Sattel
erkannten sie ein jungen, blonden Mann, der sein Tier zu großer Eile antrieb.
Plötzlich lief ihm Lancelot entgegen, riß die Arme hoch und rief: "Luka!
Luka! Es ist Luka!" Der Reiter stoppte und blickte mit einem Ausdruck
ungläubigen Erstaunens auf die riesige schwarze Gestalt. Ein paar Momente
brauchte es, bis er begriff, dann lachte er freudestrahlend, sprang vom Pferd
und umarmte seinen alten Jugendfreund. "Lancelot, kann das denn wahr sein?
Ich werd verrückt! Du bist der schwarze Ritter? Ausgerechnet du? Das ist ja ein
Ding!" Lancelot riß seinen Helm herunter und drückte den Kundschafter mit
der kräftigen Herzlichkeit eines Trolls. Lukas Rippen knackten verdächtig.
"Autsch, zerquetsch mich nicht!", lachte Luka und sein Blick glitt prüfend
über die schwarze Rüstung. "Das ist ja nicht zu fassen! Unglaublich! Wenn
ich das jemandem erzähle!" "Was du aber nicht tun wirst, junger
Kundschafter"", unterbrach in Cedric, "und zwar in Lancelots Interesse, ich
hoffe wir verstehen uns?" Lukas Gesicht wurde ernst, als er den alten
Waffenmeister anblickte. "Sir Cedric, wegen Euch und Lancelot bin ich
überhaupt hier. Ich habe eine Botschaft von Lady Winchell auszurichten!"
"Lady Winchell?", wunderte sich Cedric. Die Äbtissin der Kathedrale war eine
der angesehensten Ausbilderinnen in Camelot, in schwierigen Zeiten übernahm sie
häufig den Vorsitz im Rat. Er respektierte sie sehr, aber konnte sich beim
besten Willen nicht vorstellen, was sie von ihm wünschte. "Ja, von Lady
Winchell", bekräftigte Luka: "Die Botschaft lautet: Cedric Heradon, kommt
mit dem Troll Lancelot sofort nach Camelot, so schnell es euch nur möglich ist.
Albion ist in Gefahr, und jede Stunde zählt!" Albion in Gefahr? Cedric war
alarmiert, als er das hörte. Er kannte Lady Winchell als eine ruhige und
besonnene Frau, ohne trifftigen Grund würde sie nicht so dringend nach ihm rufen
lassen. "Packt eure Sachen, wir laufen zur Pferdestation!", rief er,
"Lancelot, du legst vorher die schwarze Rüstung ab!" Kurze Zeit später waren
sie bereits auf dem Weg, bestiegen in West Cornwall ihre Pferde und ritten im
Galopp Richtung Osten.
Die Hügel Cornwalls flogen an ihnen vorbei und
sie näherten sich schnell den Sümpfen Avalons. Lancelot war glücklich, das es
nach Camelot ging. Er würde Fialla wiedersehen! Doch wie würde sie sich wohl
verhalten, wenn sie erfuhr, dass sich ein Troll unter der schwarzen Rüstung
verbarg? "Was hast du denn inzwischen so getrieben, Alter?", fragte
neugierig der neben ihm reitende Luka, "Von dem schwarzen Ritter erzählte man
sich in Camelot schon die tollsten Sachen!" "Ach wirklich?", Lancelot war
überrascht,"Was denn so?" "Na, Hauptmann Alphin schwadronierte in der
Taverne über einem schwarzen Ritter in Cornwall, der ein Dutzend Moorschrecks
auf einen Streich erledigte!" "Ach das!", grinste Lancelot und erklärte Luka
den wahren Sachverhalt. "Und da war da noch diese dicke Zauberin...."
"Ach?" fragte Lancelot sehr interessiert,"Was hat sie gesagt?" "Sie
schwärmte ununterbrochen von einem großartigen, gutaussehenden schwarzen Ritter,
der sich todesmutig auf Horden wildgewordener Buchen stürzt!" Lancelot
brummte zufrieden. Das hörte sich doch gut an! Sie ließen die nebligen
Sümpfe Avalons hinter sich, wechselten nochmals die Pferde, durchquerten den
Wald von Campacorentin und die Salisbury Plains. Cedric gönnte ihnen keine
Pause, und so waren sie bereits einen Tag und eine Nacht geritten, als sie
endlich die alte Steinbrücke bei Prydwen in Sicht kam. Nur noch wenige Meilen,
bis endlich auch Camelot vor ihnen auftauchen würde! Plötzlich zügelte Ryan sein
Pferd, und auch die anderen stoppten. Auf der staubigen Straße vor ihnen stand
eine Gruppe von etwa acht Kämpfern, alles sehr junge Leute, wie Cedric erkannte.
Die Krieger unter ihnen schwangen drohend ihre Schwerter. Bogenschützen und
Magier standen angriffsbereit in der zweiten Reihe hinter ihnen. "Was soll
der Unfug?", fragte Cedric ärgerlich,""Wir sind in wichtiger Mission auf dem Weg
nach Camelot, also räumt die Strasse!" Einer der Krieger, der einzige, der
bereits ein Stahlschwert trug, baute sich drohend vor der Gruppe auf. "Ihr
habt einen Troll dabei! Die Trolle sind Feinde Albions! Also geht beiseite!"
"Blödsinn, das ist ein albionischer Troll!" Diese Anfänger stellten
seine Geduld wirklich auf eine harte Probe. Warum immer diese Gier und diese
Unvernunft, mit der sie um jeden Preis Ruhm und Reichtum suchten? Aus
unerfindlichen Gründen fühlen sich Neulinge in großen Gruppen immer unbesiegbar.
Oder glaubte jeder einzelne, er könne schon schnell genug weglaufen, wenn es
brenzlig wird? Auf jeden Fall ignorierten sie Cedric. Dieser Troll versprach
einfach zu fette Beute! Also blockierten sie weiter die Straße, zwei
Bogenschützen legten mit ihren Pfeilen auf Lancelot an, die Magier murmelten
leise ihre Beschwörungsformeln. Der verärgerte Troll griff zur Keule.
"Nein, Lancelot!", rief Cedric sofort. Das heilige Gesetz des Reiches, nach
dem kein Albionier einen anderen angreifen durfte, würde nicht von ihnen
gebrochen werden. Die unfähigen Möchtegernkrieger stellten keine wirkliche
Bedrohung für die Gefährten dar, aber nur ein leichter Schlag des Trolls würde
jeden der Angreifer unverzüglich ins Jenseits befördern. Und die schlecht
gerüsteten Angreifer einfach niederzureiten, könnte ähnliche Folgen haben.
Ungeduldig brummend steckte Lancelot die Keule wieder weg. Es störte ihn
gewaltig, dass er nichts unternehmen durfte, es regte ihn regelrecht auf, und
wenn er sich aufregt.....schon begann es in seinen Eingeweiden laut zu grummeln.
Cedric wußte dieses Geräusch zu deuten, und in dem Moment beobachtete er
auch, wie sich einer der Magier anschickte, einen Feuerblitz in Richtung des
Trolls zu feuern. In Sekundenbruchteilen wurde ihm klar, was unvermeidlich
folgen würde. "Schnell in Deckung!", schrie er noch, sprang vom Pferd und
warf sich hin den Straßengraben. In dem Moment, als der Magier seinen Zauber
vollendete, dröhnte Lancelots krachender Furz los. BOOOOOOOMMMM! Die
folgende Explosion war so ohrenbetäubend laut, das der Knall bestimmt noch in
Camelot zu hören war, die Pferde wieherten erschrocken, Staubfontänen
schleuderten hoch. Als Cedric wieder aufblickte, sah er Lancelot immer noch
auf dem Pferd sitzen, Gesicht und Kleidung rußgeschwärzt, so dass er fast wieder
wie der schwarze Ritter aussah. Sonst schien er schien unverletzt, und ein
breites Grinsen zog sich über sein Gesicht. Die Wucht der gezündeten
Gaswolke hatte die Angreifer mehrere Meter zur Seite geschleudert, die meisten
lagen stöhnend am Boden. Einige hatte es ganz schön erwischt, aber keiner war
tödlich verletzt. Der kleine Feuerzauberer erhob sich schwankend, blickte
abwechselnd mit tiefer Fassungslosigkeit auf seinen Feuerstab, auf den
eingeschwärzten Troll und dann wieder auf seine mitgenommen Gefährten. Ungläubig
flüsterte er immer wieder: "Was für ein Flächenzauber!""
"Los, weiter!",
trieb Cedric seine Freunde an, und sie setzten ihren Ritt fort, bis vor ihnen
die strahlend weißen Mauern der schönsten Stadt aller Reiche erschien. Sie
hatten Camelot erreicht.
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